Full text: Erinnerungen an die Kriegsjahre im Königlich Preußischen Kriegsministerium. Zweiter Band. Heer und Heimat 1914-1918. (2)

56 Zweites Kapitel 
alle Anflugmöglichkeiten auf den Westen des Deutschen Reiches stän- 
dig überwacht. Die Beobachtung erfolgte in zwei Linien — vordere 
Linie: Cleve — Aachen — Trier — Straßburg, Freiburg — Lörrach — 
Friedrichshafen; rückwärtige von Osnabrück bis St. Blasien im Schwarz- 
wald in einem Abstande von etwa 15—30 km — durch Flugwachen 
und Hauptflugwachen, von denen letztere sowohl nach vorne zur 
Front und den Flugwachen wie nach rückwärto zu den Feuer- 
leitungsstellen usw. durch ein Meldenetz verbunden waren, so daß jeder 
Anflug und die Anflugrichtung jederzeit rechtzeitig, um alle Abwehr- 
maßnahmen an Ort und Stelle in höchste Bereitschaft zu versetzen, ge- 
meldet werden konnten. 
In den briegswichtigen Betrieben wurden Sicherungsmaßnahmen 
für Personen und Maschinen usw. veranlaßt, für das Verhalten der 
Bevölkerung bei Angriffen in den bedrohten Gebieten Verhaltungsmaß- 
regeln bekannt gegeben und Alarmeinrichtungen getroffen. 
Im Jahre lols führten die Feinde an 30 Tagen 37 Angriffe auf 
Westdeutschland mit etwa loo Flugzeugen. Nur in wenigen Fällen 
gelang es ihnen, gegen geschützte Anlagen und Orte von militärischer 
Bedeutung kleine Erfolge zu erzielen. 
Im Laufe der Jahre 1916 und 1917 wurden die Abwehrmittel 
des Heimatluftschutzes weiter erheblich verstärkt, so daß Anfang 1918 
etwa 1500 Abwehrgeschütze, 103 Flugabwehr-M.G.-Züge und eine 
große Zahl von Flakscheinwerfern hier eingesetzt waren, in einer Ge- 
samtstärke von rund 30 Ooo Mann. 
Da die Angriffe infolge der starken Abwehr bei Tage nunmehr 
meist bei Nacht geführt wurden, waren die Flakscheinwerfer ein außer- 
ordentlich wichtiges Kampfmittel geworden. Sie erzielten gute Er- 
folge. Zum Schutz einzelner wichtiger Werke gegen nächtliche Angriffe 
wurden auch an Drähten befestigte Ballone und Drachen verwendet 1), 
die von den Luftsperrabteilungen bedient wurden. Die nächtlichen Angriffe 
brachten die Notwendigkeit mit sich, im bedrohten Gebiet Maßnahmen 
zur Verdunkelung der Orte zu treffen, um den Angreifern den Anflug 
zu erschweren und das Jiel zu verbergen. Die Zahl der Kampfflieger- 
eobteilungen im Heimatluftschutz wurde nach und nach auf 8 erhöht. 
Auch organisatorisch wurde der Heimatluftschutz entsprechend seiner 
Wichtigkeit und auf Grund der Erfahrungen weiter auogebaut. 
1) Zuerst Aumetz-Friede; Hütte de Wendel, Thyssen-Hagendingen; dann alle 
Saarwerke von Dillingen bis Diedenhofen; Leverlusen, Schlehbusch usw.
	        
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