76 Zweites Kapitel
C. Die Ausbildung des Ersatzes
Die Ergänzung des Offizierkorps erfolgte nach den bestehenden
Bestimmungen, wobei die größte Freiheit in ihrer Auslegung gelassen
wurde. Vielfach wurde dagegen noch verstoßen und die Entwicklung
der Verhältnisse zu wenig berücksichtigt. Das Kleben an für den Frie-
den notwendigen, für den Krieg aber unnötigen, ja schädlichen Vor-
schriften trat wiederholt in Erscheinung. Hiergegen wandte sich das
K. M. in wiederholten Erlassen.
An der Wahl des Offizieranwärters zum Offizier durch das Offi-
zierkorps mußte festgehalten werden.
Ubungskurse auf den Truppenübungsplätzen Elsenborn, Senne-
lager, Munster, Lockstedt, Warthelager und später in Libau sorgten für
Ausbildung des Ersatzes für die Infanterie. In Döberitz wurde ein
Kursus für Fahnenjunker der Infanterie, Kavallerie und Verkehrs-
trupppen eingerichtet.
Auf diesen lbungeplätzen fanden auch Kurse zur Ausbildung für
Kompagnieführer statt.
Daß die Beschaffenheit des Offiziermaterials schlechter werden
mußte, liegt auf der Hand. Immerhin muß festgestellt werden, daß
die Mehrzahl der jungen Offiziere im Kampfe ihre Schuldigkeit voll
getan haben, nur im inneren Dienst haben sie vielfach versagt; dieser
läßt sich aber erst in Jahren lernen.
Nach dem Ausmarsch der Feldtruppen begann in der Heimat so-
fort die Ausbildung der Ersatzmannschaften in den Ersatztruppenteilen.
Das Ausbildungspersonal setzte sich fast ausschließlich aus Offizieren
und Unteroffizieren des Beurlaubtenstandes oder ehemaligen aktiven
zusammen. Der Eifer war groß, es fehlte aber die Fähigkeit, die Mann-
schaften in kurzer Zeit kriegsmäsßig auszubilden. Auf Drill, Ererzier=
und Paradeübungen wurde zum Nachteil der Gefechtsausbildung zuviel
Wert gelegt. Im Laufe des Krieges wurden deshalb bei den Ersatz-
truppen die vielen kriegsbeschädigten und kranken Offiziere und Unter-
offiziere bis zu ihrer Genesung zur Ausbildung herangezogen. Leider
entstand hierdurch ein ständiger Wechsel innerhalb des Ausbidungs-
personals, der sich mit der Zeit noch mehr bemerkbar machte, da der
Abgang im Feldheere jeden einigermaßen kriegsverwendungsfähigen
Offizier beanspruchte.
Bereits bei Aufstellung der ersten neuen Korps im Herbst 1914