Full text: Erinnerungen an die Kriegsjahre im Königlich Preußischen Kriegsministerium. Dritter Band. Wehr und Waffen 1914-1918. (3)

Weitere Erweiterungen des Munitionsprogramms 01 
leichten Artillerie zu folgen. Sie wählte in erster Linie Stahlgußgeschosse 
und fertigte Graugußgeschosse nur so lange, bis der Bedarf durch Preß- 
und Stahlgußgeschosse gedeckt war. 
Der Fall der russischen Festungen im Sommer 1915 und die 
Niederlage des russischen Heeres führten uns große Bestände an er- 
beuteten Geschützen zu. Ihre Verwendung für deutsche Zwecke, möglichst 
mit unserer Munition, wurde sofort geprüft. Da die russischen Kaliber 
nicht mit den deutschen voll übereinstimmten, auch die inneren Verhält- 
nisse im Rohre verschieden waren, wurden zahlreiche Versuche notwendig. 
Die Oberste Heeresleitung beabsichtigte zwar, die erbeuteten rus- 
sischen Geschütze mit russischer Beutemunition nur vorübergehend im 
Winter 1915—156 zur Schonung der deutschen Geschütze und Aufsparung 
von deutscher Munition einzusetzen und deutsche Geschütze dafür abzu- 
stellen. Das Allgemeine Kriegsdepartement rechnete aber damit, daß 
aus dem „vorübergehenden“ Einsatz an Stelle „abzustellender deutscher 
Geschütze“ ein dauernder Einsatz werden würde und beauftragte die 
Feldzeugmeisterei mit der Beschaffung neuer Munition für die russischen 
Beutegeschütze. Von der angestrebten Monats-Pulverfertigung von 6000 t 
war bis zum Oktober 1915 eine Monatsfertigung von 4750 t erreicht, 
die Fabrikanlagen für den weiteren Bedarf waren im raschen Weiter- 
bau. Eine weitere Vermehrung der Pulverfertigung war niemals 
aus dem Auge gelassen, sie wurde immer brennender, denn die Ver- 
sorgung so zahlreicher erbeuteter Geschütze mit Munition mußte die 
Ausrüstung der deutschen Geschütze schwächen. Dazu kam jetzt noch 
die Notwendigkeit, den Munitionsbedarf der Türkei und Bulgariens 
zu decken. Auch die Ansprüche OÖsterreichs auf Unterstützung mit Roh- 
stoffen wuchsen. Die Minenwerferwaffe hatte sich in ganz außerordent- 
licher Weise entwickelt und wies gleichfalls einen dauernd steigenden 
Munitionsbedarf auf. 
Das Kriegsministerium beschloß daher im Herbst 1915 eine Er- 
höhung seines Programms. Nach eingehenden Ermittlungen wurde von 
den Sachverständigen auf Grund der Rohstoffwirtschaft und des Stan- 
des der im Gange befindlichen Vergrößerungsbauten eine Steigerung 
des Munitions-Programms entsprechend weiteren 2000 t Pulver monat- 
lich für möglich gehalten. Das Kriegsministerium ordnete die hierfür 
erforderlichen Maßnahmen im Dezember 1915 an. Diese 2000 t ge- 
nügten nicht nur zur Deckung des eben erwähnten neuen Bedarfs für
	        
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