Full text: Erinnerungen an die Kriegsjahre im Königlich Preußischen Kriegsministerium. Dritter Band. Wehr und Waffen 1914-1918. (3)

120 Achtes Kapitel 
Die Mobilmachungsvorschriften wurden alljährlich nachgeprüft und 
wenn nötig ergänzt und geändert. Sie hatten als Unterlage die voraus- 
sichtliche Stärke des Heeres. 
Zur Deckung des in den ersten Kriegsmonaten auftretenden ge- 
waltigen Bedarfes an Kampfmitteln aller Art, hervorgerufen durch die 
fortgesetzt notwendige Aufstellung neuer Truppenkörper und einen nie- 
mals und von keiner Seite geahnten Verbrauch an Munition waren 
alle die sorgfältig getroffenen Vorbereitungen für die schleunige und 
glatte Mobilmachung der Betriebe von höchstem Werte, wenn sie auch 
nicht ausreichten, ihn restlos zu erfüllen. Hierzu bedurfte es einer 
neuen Organisation. Solange sie nicht fertig war, stellten sich Mängel 
heraus, die in den Kauf genommen werden mußten. Für die Heeres- 
verwaltung gab es nur ein Ziel: die Forderungen des Feldheeres zu 
erfüllen. 
Man hatte es wiederholt der Heeresverwaltung zum Vorwurf 
gemacht, daß sie den nötigen Bedarf nicht vorausgesehen und dement- 
sprechend Maßnahmen getroffen hätte. 
Dieser Vorwurf ist ungerechtfertigt. · 
Kein Mensch konnte, wie schon mehrfach betont, voraussehen, 
daß die Forderungen, besonders auf dem Gebiete des Munitionsbedarfs, 
einen solchen Umfang annehmen würden. 
Dieselbe Erscheinung wie bei uns sehen wir bei unseren Gegnern 1). 
Sie würden mehr wie wir gelitten haben, wenn ihnen nicht die „neu- 
tralen“ Amerikaner geholfen hätten, denn wir waren besser eingedeckt 
als sie. 
Der Munitionsbedarf ist an anderer Stelle besprochen. 
Zunächst war schnelles und tatkräftiges Handeln nötig. Es wurde 
sofort mit dem Bau neuer und der Erweiterung bestehender Staats- 
fabriken begonnen, die Privatindustrie zu gleicher Tätigkeit angehalten 
und hierbei gestützt. Neue Liferungsunternehmer mußten gesucht 
werden, was nicht so einfach war. Von Ausnahmen abgesehen, ver- 
hielt sich die Allgemeinheit der Industrie gegen die Übernahme von 
Kriegslieferungen nicht nur abwartend, sondern sogar ablehnend. Der 
Glaube an eine kurze Dauer des Krieges war allgemein. Man war der 
Ansicht, daß es sich deshalb nicht lohne, kostspielige Betriebsänderungen 
1) S. S. 84.
	        
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