Full text: Erinnerungen an die Kriegsjahre im Königlich Preußischen Kriegsministerium. Dritter Band. Wehr und Waffen 1914-1918. (3)

Das Schießverfahren gegen Luftziele 41 
erledigen. Der angestrengtesten Arbeit der Artillerie-Prüfungskommission 
gelang es im allgemeinen, zeitgerecht die Schußtafeln für jedes Ge- 
schütz und für jede Munitionsart (z. B. Vollmunition, Sperrfeuermuni- 
tion, Brandschrapnells usw.), je eine für Sommer und Winter, für 
alle Flugabwehrkanonen, und die aus den Schußtafeln abgeleiteten 
Kommandotafeln, Geschützführertafeln usw. zu liefern. Für die 7,7 cm- 
K.-Flak war die erste Schußtafel zwar schon im Frieden kurz vor 
Beginn des Krieges erschossen, aber noch nicht zur Ausgabe gelangt. 
Ihr Mangel machte sich in den ersten Kriegsmonaten sehr bemerkbar. 
Viele Führer von Flak suchten sich die wichtigsten Angaben zu er- 
rechnen, wodurch zum Teil eine große Verwirrung in den Anschau- 
ungen über die ballistischen Verhältnisse beim Schießen gegen Luftziele 
entstand. Durch Ausgabe der ersten Schußtafeln für 7,7 cm-Flak im 
Frühjahr 1015 ist dieser Mißstand beseitigt worden. Im Laufe des Krieges 
stellte sich die Notwendigkeit heraus, die Tageseinflüsse auch beim 
Schießen gegen Luftziele zu ermitteln und auszuschalten. Das Auf- 
finden einer geeigneten zuverlässigen Methode gelang erst nach langen 
Versuchen. Ende 1917 und Anfang 10918 konnten für die wichtigsten Flak- 
arten die erforderlichen Unterlagen und Anleitungen eingeführt werden. 
Schon vor dem Kriege war man sich darüber klar, daß das Schieß- 
verfahren gegen Luftziele bei der Bewegungsgeschwindigkeit des zgieles 
und der Unmöglichkeit hinreichend schneller und richtiger Beobachtung 
der Lage des Schusses zum Jiele — auch nicht bei bester seitlicher Be- 
obachtung — auf einem beobachteten Einschießen nicht aufgebaut werden 
konnte, gegen Luftziele vielmehr nur der Feuerüberfall in Betracht 
kam. Um das Luftziel zu treffen, muß es daher möglich sein, den 
Treffpunkt genau zu bestimmen, um für die für den Treffpunkt pas- 
sende Flugbahn usw. das Kommando richtig zu bilden. Hinreichende 
Genauigkeit für erfolgreiches Schießen ist nur durch Messung der in 
Frage kommenden Elemente mittels zuverlässiger Apparate zu erreichen. 
Schätzung oder grobe Messungen sind gegen Ziele, die während einer 
Geschoßflugzeit von 22 Sekunden im Raume eine Wegstrecke von 
nahezu 1 Kilometer zurücklegen — 22 Sekunden entsprechen der Ge- 
schoßflugzeit für 7,7 cm-L. K.-Flak auf einer Entfernung von 5000 m 
bei 3400 m Jielhöhe — zwecklos. Bei Ausbruch des Krieges war 
für die Messungen nur der optische Entfernungsmesser (Em.) der Felda. 
(Basis 1,25 m) vorhanden. Jede Flak wurde mit einem Em. ausgerüstet.
	        
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