Artilleristische Frontwerkstätten 61
zu Beginn des Krieges jedes geahnte Maß und vervielfältigten sich im
Laufe des Stellungskrieges; die planmäßige Ausstattung der Truppen-
einheiten, z. B. mit Scherenfernrohren und Ferngläsern mußte mehr
als verdreifacht werden.
Ein Beschaffungsgegenstand, dessen Bedeutung im Laufe des Krie-
ges ständig stieg und die heimische Industrie mehr und mehr in An-
spruch nahm, war die Artillerie-Kraftzugmaschine. Sie gewann um
so mehr an Bedeutung, je mehr Wert einer beweglichen schweren Artillerie
beigelegt werden mußte. Bei Kriegsbeginn hatten nur die schwersten
Steilfeuer-Batterien Kraftzug; in den ersten Kriegsjahren traten ver-
einzelte schwere Flachfeuer= und Mörser-Batterien und außerdem die
Armee-Fußartillerie-Kraftzug-Parks hinzu, die zur Beförderung aller
Arten unbespannter schwerer Geschütze dienen konnten. Ein eigentlicher
Massengegenstand wurde die Artillerie-Kraftzugmaschine erst mit der
Einführung der 15 cm-K. 16, die fast durchgehends auf die Zugmaschine
als bewegende Kraft angewiesen wurde. Major von Wirning der
Fußartillerie-Abteilung hat sich auf diesem Gebiete Verdienste erworben.
Endlich muß die hervorragende Entwicklung der artilleristischen
Frontwerkstätten erwähnt werden. Kurz nach Erstarrung der Fronten
zum Stellungskrieg hatte das Kriegsministerium die neun planmäßig
mobilgemachten „Werkstätten der Belagerungs-Artillerie“ an die Front
geschickt. Jede besaß 5 Schmiedewagen und etwa 50 Handwerker zur
Wiederherstellung von Geschützen, Fahrzeugen und Artillerte-Gerät aller
Art. Sie richteten sich mit mehr oder weniger Glück in vorgefundenen
Fabriken und Werkstätten aller Art, wo es ging, in Eisenbahn= und
Geschützwerkstätten ein, vergrößerten sich und wuchsen sich schließlich
derart aus, daß jede Armee etwa eine Hauptwerkstatt, jede Gruppe eine
Instandsegungswerkstatt und oft noch eine oder mehrere bewegliche
Werkstätten hatte. Die gesamten Werkstätten der Westfront haben in
den Jahren 1917 und 1018 in Großkampfzeiten monatlich durchschnittlich
3000 Geschütze der Feld= und Fuß-Artillerie und nebenbei noch viele
Minenwerfer und Fahrzeuge, oft auch noch Maschinengewehre instand-
gesetzt, dadurch vor allem die Truppe schnell versorgt und große Trans-
porte beschädigter Geschütze in die Heimat und instandgesetzter an die
Front erspart. Freilich bildeten sie mit ihren ständigen vielseitigen An-
forderungen an Maschinen, Werkstoffen und Ersatzteilen eine neue
schwere Sorge für die heimischen Nachschub-Dienststellen.