Full text: Sächsische Volkskunde.

110 Ed. O. Schulze: Verlauf und Formen der Besiedelung des Landes. 
Einzelne besonders tüchtige oder von Glück begünstigte Elemente mochten 
sich auch seit dem 14. Jahrhundert noch mit ihren bäuerlichen deutschen 
Nachbaren verschmelzen. Die übrigen, Schwächeren, verloren sich unter den 
niederen Schichten der Bevölkerung. Als hortulani (Gärtner), Kossaten, 
Häusler, Handwerker (Leineweber) saßen sie in den Dörfern, auf den 
Dominien, vor den Mauern der Städte, unfähig natürlich, ihr Volkstum 
und sorbische Eigenart zu behaupten. 
Im Jahre 1293 wurde der Gebrauch der wendischen Sprache vor Ge- 
richt in Anhalt, 1327 in Altenburg, Zwickau, Leipzig und den zugehörigen 
Distrikten, 1424 im Meißenschen verboten. 
Links der Elbe ist seitdem das Sorbentum bis auf Reste, die im wesent- 
lichen doch nur antiquarischer Art sind, verschwunden; von einem sorbischen 
Volkstum im Gegensatz zum deutschen kann hier nicht mehr die Rede sein. 
Rechts der Elbe, in der Lausitz, haben sich allerdings aus Gründen, 
von denen einige schon genannt sind, wendische Art und Sprache bis heute 
in weiten Strichen behauptet, nicht ganz ohne künstliche Förderung und 
Unterstützung. Aber auch diese Lausitzer „Wenden"“ fühlen und denken als 
Deutsche, und es ist ein vergebliches und eitles Bemühen, sie als vorge- 
schobenen Posten des Slawentums ausspielen zu wollen. 
Aus dem alten Sorbenlande ist ein durch und durch deutsches Land, ist 
unser Sachsenland geworden. Das ist das große Ergebnis der Kolonisations- 
arbeit des deutschen Volkes, vor allem des deutschen Bauern, während des 
12. und 13. Jahrhunderts. 
III. Dorf= und Flurlage. 
Für die Einrichtung freier") Siedler in Haus, Hof und Flur sind, auf 
Grundlage der naturgegebenen Bedingungen und der Anforderungen, die durch 
Betrieb und Technik der Wirtschaft gestellt werden, von entscheidendem Ein- 
fluß die von der Vorbevölkerung der neuen Heimat entwickelten Formen, 
und die Tradition der alten Heimat. Sehen wir von den Einzelhöfen mit 
ihrem geschlossenen Landkomplex und von den aus ihnen oder durch grund- 
herrliche Besiedelung entstandenen Weilern ab, so bleibt im alten Deutschland 
als vorherrschende (nach Meitzen „volkstümliche) Siedelungsform das Haufen- 
dorf, mit der in Gewanne zerlegten Flur. Das Haufendorf ist, wie die (aus 
Meitzens großem Werk 1, S. 47, entnommene) Abbildung Fig. 122 zeigt, ein 
rundlicher Komplex von planlos gestellten, durch Hofraum und Gärten von 
einander getrennten Gehöften; durchzogen von planlos verlaufenden, krummen 
und winkligen Straßen und Gassen, zu denen verschiedene Höfe nur durch 
* ) Bei der Ansetzung unfreier oder stark abhängiger Bauern war natürlich zuletzt 
der Wille des Grundherrn maßgebend.
	        
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