118 Ed. O. Schul ze: Verlauf und Formen der Besiedelung des Landes.
gange von nomadisierender Weidewirtschaft (mit gleichsam wanderndem, spär-
lichem Ackerbau) zu seßhaftem Ackerbau wurde diese gewohnte und durchaus.
zweckentsprechende Form des Wohnens beibehalten, zumal noch lange die
Viehwirtschaft im Vordergrund des Wirtschaftslebens stand.
Ein Gewässer, eine Quelle, welche nicht nur den Menschen das unent-
behrliche Wasser spendete, sondern auch die Anlage einer Tränkstätte, eines
Teiches für das Vieh ermöglichte, war das erste Erfordernis bei der Wahl
des Platzes für die Niederlassung. Um diese Tränkstätte reihten sich in nicht
zu großer Entfernung die leichten Hütten der Siedler. Eine Umzäunung in
der Mitte, die Tränkstätte einschließend, bildete den Pferch, in dem das Vieh
in der Nacht, zur rauhen Jahreszeit, bei drohender Gefahr Zuflucht fand
gegen die Tiere der Wildnis und gegen feindlichen Überfall. Hier war es
ebenso leicht zu beaussichtigen, wie zu verteidigen. In der älteren Zeit wird
dieser Pferch, dessen Umzäunung schließlich bei wachsender Zahl der Siedler
deren enger sich zusammenschließende Wohn= und Wirtschaftshäuser bilden
konnten, als gemeinsamer Hofraum gedient haben, zumal zur Zeit mehr oder
minder noch kollektivistischer Wirtschaft der versippten Dorfgenossen. Auch
das Gebrauchsvieh mochte sich später (bei zurücktretender Weidewirtschaft)
noch vorzugsweise hier aufhalten, selbst nachdem schließlich jede Wirtschaft
über einen eigenen, gesonderten Hofraum verfügte.“)
Zu diesem wirtschaftlichen Nutzen kam nun noch der militärische: der
Schutz, den eine solche der Wagen= oder Karrenburg wandernder Halb-
nomaden nachgebildete Niederlassung, mit nur einem schmalen, leicht ab-
schließbaren Zugang, ringsum durch Graben und Hecke (Wall) versperrt, den
Bewohnern gewährte gegenüber den Räubereien und Überfällen feindlicher
Stämme. War für neu entstehende Wirtschaften nicht mehr Platz in dem
„Rundling“ vorhanden, und wollte man nicht zur Anlage einer selbständigen
neuen Siedelung schreiten, so war es in der älteren Zeit nicht schwer, die
leichten Hütten niederzulegen und auf dem das Dorf umgebenden Grasplan
weiter zurückgeschoben wieder neu aufzubauen, so daß der vergrößerte Kreis
die neuen Höfe aufnehmen konnte. Allerdings hatte diese Ausdehnung ihre
Grenze insofern, als die Kreisfläche bei jeder Verlängerung des Radius in
stets größerem Verhältnis wuchs, und überdies allmählich die Wohn= und
Wirtschaftsgebäude stabiler und in ihrer Einrichtung komplizierter wurden,
so daß eine Verlegung und Zurückschiebung nicht mehr recht thunlich war.
*) In unserm Lande ist dies schwerlich vor der Zeit der deutschen Besiedelung und
der Einführung der fränkischen Gehöftanlage, die gleichem Wirtschaftszwecke diente, ge-
schehen.