Full text: Sächsische Volkskunde.

Ed. O. Schulze: Verlauf und Formen der Besiedelung des Landes. 119 
In dieser Weise sind nun meiner Ansicht nach auch die Rundlinge 
unserer Gegend zu erklären.) Sie sind nicht zurückzuführen auf irgend eine 
nationale Besonderheit der (westlichen) Slawen, sondern auf die Gewohn- 
heiten und die Wirtschaftsverhältnisse der allmählich zu seßhaftem Ackerbau 
übergehenden Halbnomaden.““) Sie haben sich besonders zahlreich und in ge- 
ringem Umfange gerade in unserm Lande erhalten, weil hier schon wenige 
Jahrhunderte nach der sorbischen Einwanderung die Entwicklung durch die 
deutsche Eroberung unterbrochen wurde und so der alte Zustand gleichsam 
erstarrte,““') während er anderswo und in zahlreichen Fällen (in rein bäuer- 
lichen Dörfern) auch bei uns sich weiter entwickeln konnte. 
  
Fig. 127. Liptitz bei dem Spitzberg. 
Das führt uns zum zweiten Punkt, zu dem Verhältnis des Rundlings 
zum Straßendorf. War die Erweiterung des Dorfringes aus irgend welchen 
Gründen nicht mehr thunlich, und wollte man keine neue Siedelung be- 
gründen, so mußte man sich irgendwo an den alten Ort anbauen; das Nächst- 
liegende war: an der (erweiterten) Ausgangsstraße. So erhielt der Ort mehr 
und mehr die Form eines Beutels. Uberhaupt wird man schon früh, um 
das unverhältnismäßige Anschwellen des inneren Flächenraumes zu verhin- 
dern, zur ovalen Form übergegangen sein, die sich allmählich mehr und mehr 
*) Weitere Ausführungen mit Abbildungen an diesem Orte zu geben verbietet leider 
der Raum. 
*“) Der Versuch, wirtschaftliche Erscheinungen aus nationalen Eigenschaften u. s. w. 
zu erklären, statt aus den Bedingungen und Forderungen des Wirtschaftens selbst, deutet 
in den meisten Fällen auf eine Lücke in der Forschung hin. Solche sonderartigen Er- 
scheinungen constituieren übrigens ja erst den Begriff „nationale Eigenart“, lassen sich also 
nicht aus dieser causal erklären. 
*#) Bes. in solchen Orten, die zu Rittersitzen wurden.
	        
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