134 H. Ermisch: Die Anfänge des sächsischen Städtewesens.
Erst später, seit dem Ende des 11. Jahrhunderts, entstanden in unserm
Lande auch Klöster. Für die Verbreitung des Christentums, für die bäuer-
liche Kolonisation haben sie eine große Bedeutung gewonnen: für die Ge-
schichte unseres Städtewesens kommen aber nur die beiden ältesten, die Bene-
dictinerklöster Pegau und Chemnitz, in Betracht.
Nach dem Krieger und dem Priester hielt der deutsche Bauer seinen
Einzug in unsere Lande. Mehr als ein Jahrhundert verging seit der Er-
oberung, bevor sie auf ihn Anziehungskraft ausübten. Das 12. und 13.
Jahrhundert ist die Zahl der bäuerlichen Einwanderung. Bis dahin hatte
der Slawe als höriger Knecht die Güter der Eroberer bestellt; im Gegensatz
zu diesem war der einwandernde deutsche Bauer ein persönlich freier Mann;
aus seiner westlichen Heimat brachte er eine Gemeindeverfassung mit, die in
ihrer älteren Form ihm ein hohes Maß von Selbständigkeit sicherte. An
der Spitze stand der Erbschulze, der die niedrige Gerichtsbarkeit verwaltete;
wie jeder deutsche Richter, so war auch er an die Urteile frei aus der Ge-
meinde gewählter Schöffen gebunden. In höherer Instanz stand der Bauer
unter den Organen der öffentlichen Gerichtsbarkeit. Diese freie Landgemeinde-
verfassung der älteren Zeit hat ohne Frage bedeutenden Einfluß auf die fast
gleichzeitig sich entwickelnde Stadtverfassung gewonnen; und insofern gehört
auch das Dorf zu den Wurzeln der Stadt. Wie sich aus diesen Verhält-
nissen nach und nach die viel ungünstigere Lage der Bauern im späteren
Mittelalter entwickelt hat, das zu verfolgen gehört nicht hierher.
Ackerbau und Viehzucht, die Beschäftigungen der bäuerlichen Bevölkerung,
sind zu keiner Zeit möglich gewesen ohne Handwerk und Handel. Wenn
man neuerdings hat annehmen wollen, daß ursprünglich der Hof des Grund-
besitzers alles Nötige selbst produziert habe, und daß andererseits die länd-
lichen Produkte lediglich zur Befriedigung der nächsten eigenen Bedürfnisse
verwandt worden seien, so ist dies für unsere Lande in geschichtlicher Zeit
wohl kaum nachweisbar. Lange bevor das Land germanisiert und kolonisiert
war, ja vermutlich schon bevor der Slawe die germanischen Ureinwohner ver-
drängt hat, durchzogen Kaufleute auf den von der Natur vorgezeichneten
Straßen das Land, fanden sich auch wohl zu bestimmten Zeiten an gewissen
Plätzen zusammen, wo wichtige Straßen sich kreuzten, wo Flußübergänge be-
standen, wo zu Zeiten größere Menschenansammlungen stattfanden, wo eine
Burg einen gewissen Schutz bot, tauschten hier ihre Waren aus, kauften und
verkauften. So entstanden Märkte. Der Kaufmann stand auf seinen Reisen
unter dem besonderen Schutz des Königs, und dieser Königsfriede galt auch
während seines Aufenthaltes am Marktorte. Aber er wurde ihm nicht ohne
Gegenleistungen zu teil; sie bestanden in Zöllen und anderen Abgaben. So
wurde die Anlegung eines Marktes zu einem nutzbaren Rechte, das in ältester
Zeit wohl überall der Herr des Grundes und Bodens hatte; schon in den