Full text: Sächsische Volkskunde.

H. Ermisch: Die Anfänge des sächsischen Städtewesens. 155 
koufman, hier vielfach eine besonders enge Bedeutung: man verstand dar- 
unter den Gewandschneider, den Tuchhändler. In Dresden z. B. ward 1295 
bestimmt, niemand dürfe Tuch verkaufen, der es nicht als mercator im 
städtischen Kaufhause thue. Neben diese mercatores, die vornehmere Klasse 
des Handelsstandes, treten die institores, die Krämer, die Kleinhändler, die 
mit allem Möglichen Handel treiben. Beide Klassen schlossen sich früh zu 
Innungen zusammen; schon im 13. Jahrhundert bestanden in Freiberg neben- 
einander die Innung der Kaufleute, die Gewand schneiden unter dem Kaufhause, 
und die Innung der Krämer. In Leipzig ist die später so wichtige Kramer- 
innung erst 1349 nachweisbar, immerhin früher als irgend eine Handwerks- 
innung. Auch in anderen Teilen Deutschlands erscheinen die Kaufmanns- 
gilden als die ältesten städtischen Genossenschaften. 
Die Entstehung des Handwerkerstandes gehört bekanntlich zu den strei- 
tigsten Punkten der deutschen Stadtgeschichte; man hat ihn aus der 
Hörigkeit, die Zünfte aus den Verbänden unfreier Arbeiter an den Herren- 
höfen ableiten wollen. Ist dies schon im allgemeinen zweifelhaft, so trifft 
es in den östlichen Koloniallanden vollends nicht zu; nichts deutet darauf 
hin, daß die Herrenhöfe, deren unfreie Unterthanen ursprünglich wohl aus- 
schließlich Wenden waren, einen wesentlichen Anteil an der Bildung des städ- 
tischen Handwerkes gehabt haben. Ohne Zweifel waren unsere Handwerker 
wie die anderen Stadtbewohner freie Einwanderer. Finden sich hie und da 
auch unfreie Handwerker, so erklärt sich dies aus besonderen Verhältnissen. 
Die Leineweber z. B., die meist nicht in den Städten, sondern auf dem Lande 
ihr Gewerbe trieben, vielfach wohl auch nicht Deutsche, sondern Slawen waren, 
blieben lange in den Fesseln persönlicher Unfreiheit; eben deswegen galt ihr 
Handwerk in den Städten als unehrlich, weigerten sich ehrliche Zünfte, Leine- 
weber und Leineweberskinder in ihre Genossenschaft aufzunehmen. Aus den- 
selben Gründen mögen auch die Töpfer ursprünglich vielfach unfrei gewesen 
sein; wegen der Feuergefährlichkeit ihres Handwerkes duldete man sie nicht in 
den Städten, sie wohnten in Dörfern oder Vorstädten — wie ja die Töpfer- 
gasse in Dresden eine Vorstadtgasse war — und waren vielfach mit Zinsen 
belastet, die auf Unfreiheit deuten; so hatten sie in Rochlitz und Borna 
einen Eierzins auf das Schloß zu entrichten. Sonst aber erscheinen die Hand- 
werker als freie, geachtete Mitbürger; schon in den ältesten Ratsverzeichnissen 
unserer Städte kommen Namen von Handwerkern vor. Auch sie schlossen sich zu 
Genossenschaften zusammen: trugen diese anfänglich wohl einen mehr kirchlichen 
Charakter, bezweckten gemeinsame Religionsübung und gegenseitige Unterstützung, 
so wurden sie in der Folge durch die Anerkennung des Stadtherrn und 
der Gemeindeobrigkeit, die dafür gewisse Abgaben erhielten, zu Zünften, zu 
Zwangsverbänden, denen jeder angehören mußte, der innerhalb der Stadt 
das Gewerbe treiben wollte. Zuerst finden wir dies bei den Handwerkern, die
	        
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