Full text: Sächsische Volkskunde.

224 Robert Wuttke: Die Bevölkerungsgliederung. 
nisse, unter denen die große Mehrheit des Volkes lebt, schließen, aber sie 
bietet nicht, wie oft behauptet wird, einen Maßstab, um das sittliche Volks- 
leben zu messen; denn das äußere Merkmal „verheiratet“, das allein die 
Statistik erfassen kann, giebt keinen Anhalt, wie man in der Ehe lebt, ob 
die Heiligkeit der Ehe bewahrt oder verletzt wird. Erfahrungsgemäß pflegt 
dagegen in einer Bevölkerung, die unter schweren politischen und wirtschaft- 
lichen Sorgen leidet, die Eheziffer zurückzugehen, um rasch in die Höhe 
zu schnellen, sobald die Aussichten in die Zukunft wieder günstiger sich 
gestalten. Der große deutsche Statistiker Engel schreibt deshalb: „die 
Heiratsziffer ist der Gradmesser der Furcht und Hoffnung, das Barometer 
für den Wohlstand der Bevölkerung, und das Maß der Hoffnungsfreudigkeit 
der zur Haus= und Familiengründung drängenden Volksseele“. 
Prüfen wir diese aufgestellten Sätze an dem für Sachsen vorhandenen 
statistischen Material! 
Zohl der Eheschließungen auf 1000 der mittleren Bevölkerung 
kamen Eheschließungen 
1865: 22081 939 
1866: 18 888 7.93 
1867: 22077 9,15 
Der Rückgang der Eheschließungsziffer in dem Kriegsjahr 1866 ist ein 
sehr bedeutender; eine ähnliche, wenn auch nicht so erhebliche Schwankung 
weisen die Kriegsjahre 1870/71 auf. Nach dem großen Kriege trat ein 
beispielloser wirtschaftlicher Aufschwung ein, dem nach einigen Jahren ein 
Rückschlag folgte; entsprechend den jeweiligen wirtschaftlichen Verhältnissen 
stieg und fiel die Heiratsziffer. 
Zahl der auf 1000 der mittleren Bevölkerung 
Eheschließungen kamen Eheschließungen 
1871: 21547 8,48 
1872: 26 053 10,11 
1873: 27 807 10,54 
1874: 27190 10,11 
1875: 29086 10,62 höchster Stand in diesem 
1876: 26606 9,55 (Jahrhundert 
1877: 24919 8,82 
Untersucht man die sächsische Bevölkerung auf den Familienstand hin, 
— ledig, verheiratet, verwitwet und geschieden — so ergiebt sich die er- 
freuliche Thatsache, daß die Zahl der Verheirateten eine verhältnismäßig 
außerordentlich hohe ist. (Siehe Tabelle S. 225.) 
Unter allen deutschen und außerdeutschen Staaten, die wir zum Vergleich 
herangezogen haben, giebt es unter dem männlichen Geschlecht in jeder 
Altersklasse nirgends so viel Verheiratete wie in Sachsen, beim weiblichen
	        
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