Full text: Sächsische Volkskunde.

Hermann Dunger: Volksdichtung in Sachsen. 249 
Oberlausitzer Mundart von Diakonus Mann (I, 10, 4 ff. und 11, 6 ff.). 
Aus der Oberlausitz sind Kinderreime von Dornick im Neuen Lausitzischen 
Magazin (Bd. 45 v. J. 1868, S. 248—254) herausgegeben, ebenso Kinder- 
reime dus der Lausitz und dem Erzgebirge von Th. Gelbe (Zeitschrift Ger- 
mania, Bd. 22 S. 293 ff.), ferner einige Kinderverse, Tschamperliedchen und 
Neckreime aus der sächsischen Schweiz von Alfred Meiche in dem Sagenbuch 
der sächsischen Schweiz (Leipzig 1894). Hierzu kommt aus der neuesten Zeit 
„Volkstümliches aus dem Königreich Sachsen auf der Thomasschule 
gesammelt“ von Dr. O. Dähnhardt (2 Hefte Leipzig, Teubner 1898), ein 
Unternehmen, das guten Fortgang verspricht. Auch in dem das ganze deutsche 
Gebiet umfassenden Werke des vor kurzem hier verstorbenen Volksliedforschers 
Prof. Franz Magnus Böhme, Deutsches Kinderlied und Kinder- 
spiel (Leipzig, Breitkopf &K Härtel 1897) sind viele von dem Verfasser in 
Sachsen gesammelte Kinderlieder abgedruckt. 
Das ist, soweit meine Kenntnis reicht, alles, was über die Volksdichtung 
in Sachsen erschienen ist. Man sieht, daß in vielen Landstrichen überhaupt 
noch nicht gesammelt worden ist, in anderen nur vereinzelt, planmäßig wohl 
nur im Vogtland, und auch hier ist der Stoff keineswegs erschöpft. Daß 
aber auch in den anderen Gegenden Sachsens der Volksgesang keineswegs 
verstummt ist, davon habe ich mich bei gelegentlichem Aufenthalt an ver- 
schiedenen Punkten überzeugen können; namentlich im Gebiete der Sachsischen 
Schweiz habe ich eine Anzahl Volkslieder gesammelt. Wenn ich es also unter- 
nehme, über die Volksdichtung Sachsens zu sprechen, so muß ich mich natürlich 
auf die Gebiete beschränken, die nach dieser Richtung einigermaßen durchforscht 
sind, und ich muß um Nachsicht bitten, wenn ich dabei namentlich das mir 
näher bekannte Vogtland berücksichtige. Ich betrachte es als meine Aufgabe, 
Wesen und Bedeutung der Volksdichtung klar zu machen, hinzuweisen auf 
das, was an solchen volkstümlichen Überlieferungen in Sachsen noch vor- 
handen ist, und durch Mitteilung meiner eigenen Erfahrungen bei solcher 
Sammelthätigkeit jüngeren Kräften Anregung zu geben, wie sie selbst dabei 
zu verfahren, worauf sie ihr Augenmerk zu richten haben. 
Denn hier liegt noch ein weites Gebiet fruchtbarer Thätigkeit offen, 
und es ist darum mit Freuden zu begrüßen, daß der Verein für Sachsische 
Volkskunde sich die Aufzeichnung und möglichste Bewahrung dieser alten 
Überlieferungen zur Aufgabe gemacht hat. 
Will man Volkslieder sammeln, so muß man sich über den Begriff 
Volkslied zunächst klar sein. Hier begegnet uns gleich eine große Schwierig- 
keit. Alle Welt spricht von Volksliedern, aber was man als Volkslied an- 
zusehen hat, darüber gehen die Meinungen weit auseinander, nicht nur im 
gewöhnlichen Sprachgebrauch, sondern auch bei den Gelehrten. 
Vor längerer Zeit wurde in einem Dresdner Blatte als eine neue
	        
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