Full text: Sächsische Volkskunde.

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Ich hab' mich zärtlich Dir gewogen, (7) 
Hab' Dich vor andern vorgezogen 
Und Dir mein ganzes Herz geschenkt. 
Ja hätt'st Du noch jetzt ein Gewissen, 
So würdest Du Dich schämen müssen, 
Daß Du's niemals hast tren gemeint. 
Mit List hast Du mich hintergangen, 
Dein Schmeicheln nahm mein Herz gefangen, 
Mein Herz, das jedem ehrlich scheint. 
Jetzt aber, da ich zitternd höre, 
Du achtest weder Glück noch Ehre, 
Jetzt seh' ich meine Thorheit ein. 
O warum hast Du mir geschworen, 
Ich sei allein für Dich geboren, 
Ich sei Dein Liebstes auf der Welt. 
Wie konntest Du Dich unterstehen, 
Mit mir ein Bündnis einzugehen, 
Da jedes Schmeicheln Dir gefällt? 
— Gewähre mir nur eine Frage, 
Mein Herz wird Dir die Anwort sagen. 
Ach änd're doch Dein Herze, 
Ach änd're doch Dein'n Sinn. 
Denn all meine Liebe 
Die fliehet sonst dahin. 
Dein Herz wird Dich betrüben, 
Wenn Du den Brief hier liest. 
Ich hab' ihn schlecht geschrieben 
Und ihn voll Gram gedicht't. 
III. 
O sieh, Teuerster, wie ich um Dich weine, 
Weint gewiß kein andres Mädchen nicht, 
Wenn im hellen, blassen Mondenscheine 
Ein von Dir verlass'nes Mädchen spricht. 
IV. 
Willst Du mich denn ganz und gar verlassen? 
Schlägt Dein Herz nicht mehr für mich 
Warum thust Du mich im stillen hassen, 
Bin ich denn nicht mehr für Dich? 
Wenn ich denke an beglückte Stunden, 
Wo mir lachte Lust und Glück, — 
Aber nun sind sie entschwunden, 
Thränen bleiben nur zurück. 
Hermann Dunger: Volksdichtung in Sachsen. 
V. 
Für Dich soll meine Laute nur erklingen, 
Wenn mich das Schicksal grausam von Dir 
. nimmt. 
Den letzten Gruß will ich Dir klagend bringen, 
Denn meine Saiten sind so tief verstimmt. 
Ich liebe Dich, und achl ich soll entsagen, 
Und Du ermißt nicht meinen Schmerz? 
Den Lüften soll ich dann mein Leiden klagen, 
Wenn sich beklommen fühlt mein wundes 
Herz?7 
Wie fröhlich eilt ich oftmals Dir entgegen, 
Von weitem schon erkannte mich Dein Blick, 
Ich folgte Dir auf allen Deinen Wegen, 
Im Meere (7) selbst bist Du mein größtes 
Glück. 
Und thaten sie auch damals Dich verklagen, 
Ich sah vertrauensvoll Dir ins Gesicht 
Und dachte selbst, woran die Wespen nagen, 
Das sind dieschlechtsten Früchte wahrlich nicht. 
Wie lacht es mir, wenn ich die Nacht durch- 
wache, 
Im größten Schmerze seh' Dein Traum- 
bild an, 
Ob ich mit Dir wohl unter einem Dache 
Recht eng verbunden nicht noch leben kann? 
Und dieser Hoffnungsstern — er soll ver- 
schwinden, 
Der einz'ge Lichtpunkt, der mir glücklich 
scheint? 
Für eine and're läßt Du's Kränzchen winden? 
Das Schicksal will, ich soll Dir ferne fein. 
Noch mehr wie sonst wird Dich mein Auge 
suchen, 
Das trüb und feucht jetzt nur durch Thränen 
sieht. 
Fast möchte ich dem bangen Schicksal fluchen, 
Das meine schönsten Freuden mir entzieht. 
Noch manche Thräne ist auf meiner Wange, 
Doch unterdrücke ich die Thräne nicht. 
Denn nur um Deine Ruhe ist mir bange, 
Drum bitt' ich schmerzlich Dich: Vergiß 
mein nicht! 
Wir haben hier eine eigenartige Mischung von Eigenem und Fremdem. 
Wenn das Mädchen selbst sagt, sie habe den Brief „voll Gram gedicht't,“ 
so ist das wahr und nicht wahr. Sie hat das, was sie an derartigen Liedern 
in ihrer Erinnerung hatte, dazu benutzt, um damit ihren eigenen Empfin- 
dungen Ausdruck zu geben, indem sie wegließ und hinzufügte, je nachdem es
	        
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