266 Hermann Dunger: Volksdichtung in Sachsen.
John Meier macht darauf aufmerksam, daß dies eine Dichtung Fr.
v. Kobells sei, er fügt aber auch gleich eine vogtländische Weiterbildung
hinzu:
Und is nix su traurig
Und uix su betrübbt,
Als wenn sich & hübsch Mäbel
In 'n alten Graukopf verlibbt.
Selbst Einrichtungen der Neuzeit, wie die Eisenbahn, kommen in den
Vierzeilern vor.
Eisenbah, Eisenbah,
Lokomotiv,
Wenn se net wätter ##8,
Nöch thut's än Psiff.
So lautet ein vogtländisches Verschen. Im Erzgebirge singt man weit
sinniger:
Eisen bah, Eisenbah,
Lokomativ,
Wenn de mei Schätz'l sist,
Gibbst 'n dän Brief. (A. Müller, S. 141.)
Der Name Schnaderhüpfel ist in Sachsen nicht gebräuchlich. Hier heißt
es Schlumperliedel, Tschumperliedel oder Runda, auch Schamber=
Tschamberliedel und Schänderliedel') kommt vor. Am merkwürdigsten
ist der Ausdruck Runda, der früher in Deutschland allgemein verbreitet war,
jetzt aber nur noch im Vogtland lebendig ist.““.) Goethe gebraucht ihn in der
Studentenscene seines Faust: „Zur Thür hinaus, wer sich entzweit! Mit
offner Brust singt Runda, sauft und schreit!“ Unter Runda verstand man
früher ein kurzes Trinklied mit dem Kehrreim Runda dinella oder Runda
dinellula, woraus sich das bei manchen Liedern auch jetzt noch vorkommende
Rullala Rullala entwickelt hat. In dem sächsischen Bergliederbüchlein vom
Jahre 1740 ist ein solches Trinklied abgedruckt,“*“) das noch jetzt von
Studenten in ähnlicher Weise gesungen wird:
Er setzt das Gläslein an den Mund, rundadinelula!
Er trinkt es aus bis auf den Grund, rundadinelula!
Er hat seine Sachen recht gethan, rundadinelula!
Sein Nachbar soll dergleichen thun, rundadinelulab.
Der neunte Vers lautet:
Und wenn wir alles vertrunken han, rundadinelula!
So ziehn wir Leinwandhöschen an, rundadinelula!
*) Über die Bedeutung dieser Namen vgl. meine Rundas und Reimsprüche aus
dem Vogtland XIII ff.
*2) Wie Dr. Alfred Müller in der Zeitschrift Glückauf vom Jahr 1884, S. 113,
mineilt, hat er diesen Namen im Erzgebirge nur in dem Dorfe Benusberg getroffen.
%½%) Agl. Erk und Böhme, Liederhort III, Nr. 1142, S. 75.