Hermann Dunger: Volksdichtung in Sachsen. 271
Wer aus Halle kommt mit gesundem Leib
Und aus Leipvzig ohne Weilb
Und aus Jena ungeschlagen,
Der mag von großem Glücke sagen.
In der Lausitz lautet derselbe Spruch (A. Meiche, Sagenbuch S. 135):
Kommst du von Bautzen ungesangen
Und dann von Görlitz ungehangen,
Auch von der Zitte (Zittau) ungefreit,
So magst du wohl sagen von guter Zeit.
Zum Schlusse möchte ich noch aufmerksam machen auf die Reste von
Weihnachtsliedern und Weihnachtsspielen, die sich noch in einigen
Gegenden Sachsens finden. Dähnhardt (Volkstümliches aus dem Königreich
Sachsen S. 75) veröffentlicht einen Volksreim aus dem Vogtland, in welchem
Knecht Ruprecht bei dem Eintreten in eine Wohnung zu den Kindern spricht:
Gott stib, Gott stab, Gott Flederwisch,
78 is mer draußen gar ze frisch.
Ich will mich in de Stub 'nein machen,
Will sehen, was de Kinder machen.
Wenn se nich fromm gewesen sein,
Steck ich se gleich in'n Sack hinein.
Dieser Spruch nimmt sich neben den anderen Verschen, die dem Knecht
Ruprecht in den Mund gelegt werden, recht sonderbar aus. Was soll es
heißen: #s is mer draußen gar ze frisch? Wie kommt der gestrenge Kinder-
freund, der die Kinder beten lehrt, zu den närrischen Worten: Gott stib,
Gott stab, Gott Flederwisch? Die Erklärung liegt darin: dieses Verschen ist
ein Bruchstück aus einem alten Weihnachtsspiel, das im Erzgebirge und in
der Lausitz noch jetzt bekannt ist. Von der Lausitzer Fassung entwirft
P. Kruschwitz eine hübsche Schilderung in den Bunten Bildern aus dem
Sachsenland (Bd. 1, S. 146—149). In der Adventszeit macht dort der
Heilige Christ als Mann in weißem Gewand mit der Krone auf dem Haupte
in Begleitung zweier Engel und des Knechts Ruprecht seinen Umgang bei
den Kindern. Nach wiederholtem Klopfen treten zuerst die Engel mit
großen buntumwundenen Ruten ein und lassen die Kinder beten. Dann
pocht es heftig gegen die Thür, und nun stürmt Knecht Ruprecht, die
lustige Person dieser kleinen Aufführung, im Pelz mit einem Sack voller
Nüsse in die Stube hinein mit den polternd gesprochenen Worten:
Blitz, platz, Flederwisch!
Draußen ist mir's doch zu frisch,
Will mich in die Stube machen
Und schaffen, daß die Kinder lachen.
Und in der That gelingt es ihm durch allerlei neckische Gebärden und
Sprünge, indem er zugleich mit seiner Rute herumfuchtelt und mit dem Nuß-
sacke klappert, die Kinder zum Lachen zu bringen. Hierauf tritt der Heilige