Full text: Sächsische Volkskunde.

276 Karl Frante: Die obersächsische Haupimundart. 
Ich fasse hier obersächsische Hauptmundart im engeren Sinne und 
meine, wenn ich nun über ihre kennzeichnenden Merkmale spreche, die- 
jenigen, welche man gemeinsam innerhalb folgender Grenzlinien vorfindet: 
Die Südgrenze läuft etwas nördlich von Werdau, Zwickau, Dittersdorf, 
Waldkirchen, Grünhainichen, Eppendorf und den östlichen Ausläufern des 
Erzgebirges, die Ostgrenze zieht sich etwas westlich von Neustadt und Sebnitz 
hin und dann der Lausitzer Grenze entlang, die Nordgrenze dagegen über 
Falkenberg, Bitterfeld und Zörbig. Die Westgrenze läuft zunächst eine Meile 
östlich von der Saale, dann über die Wasserscheide der Pleiße und Wyrha. 
Die außerhalb dieser Grenzen gesprochenen Mundarten werde ich nur 
gelegen tlich berühren. Doch ist noch folgendes zu berücksichtigen: die ober- 
sächsische Hauptmundart ist je länger je mehr von der neuhochdeutschen 
Schriftsprache beeinflußt worden. Nach dem Grade dieser Beeinflussung 
lassen sich drei Hauptschichten der Mundart unterscheiden: 1. Die Dorf- 
mundart, d. h. diejenige, welche die eingeborenen Bauern unter sich reden; 
sie ist noch ziemlich frei davon. 2. Die Stadtmundart, welche die Masse der 
eingeborenen Stadtbevölkerung spricht; sie ist schon mehr beeinflußt. 3. Die 
Mundart der Gebildeten, welche es noch stärker ist. So spricht der gebildete 
Obersachse, wenn er sich nicht ziert: säxde"“ für sagte; die Form der Stadt- 
mundart dafür ist säde", die der meißnischen Dorfmundart „soyde“. 
Das wichtigste Merkmal einer Mundart ist m. E. der Tonwechsel 
(AcMcent). 
Unter dem Tonwechsel einer Mundart versteht man die derselben eigen- 
tümliche Klangfarbe. Dieselbe wird durch vielerlei Umstände bedingt. Während 
des Sprechens erleidet die Stimme eine doppelte Veränderung, einmal hin- 
sichtlich ihrer Kraft, ferner hinsichtlich ihrer Tonhöhe. Beide Verände- 
rungen treten aber sowohl während der Bildung der einzelnen Silbe, als 
auch während der des ganzen Satzes, bezüglich Wortes ein. Demnach zer- 
legt sich das, was man zusammenfassend den mundartlichen Tonwechsel nennt, 
in den Silbentonwechsel hinsichtlich der Kraft (exspiratorischen Silbenaccent), 
den Silbentonwechsel hinsichtlich der Höhe (tonischen Silbenaccent), den Satz- 
tonwechsel hinsichtlich der Kraft (emphatischen Satzaccent) und den Satzton- 
wechsel hinsichtlich der Höhe (tonischen Satzaccent). 
Ist die Art der Bildung auch nur hinsichtlich eines von diesen vier in 
zwei Mundarten verschieden, so klingt der gesamte Tonwechsel beider der Art 
nach (qualitativ) verschieden. Zwei Mundarten können aber in der Bildung 
aller vier Tonwechsel übereinstimmen, jedoch kann das gegenseitige Verhältnis 
dieser vier Tonwechsel in den beiden Mundarten ein verschiedenes sein, indem 
z. B. in der einen der Tonwechsel hinsichtlich der Kraft mehr als in der 
anderen den hinsichtlich der Höhe überwiegt, oder der stärker ausgeprägte 
Silbentonwechsel mehr den Satztonwechsel beeinträchtigt. Dann sind die
	        
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