282 Karl Franke: Die obersächsische Hauptmundart.
Mundgeräusch, sondern bei Bildung dieses Lautes macht sich außerdem ein
im hinteren Mundraum entstehender Ton hörbar. Dieser heißt der Stimm-
ton, der durch regelmäßige Schwingungen der Stimmbänder beim Durch-
strömen des Ausatmungsstromes erzeugt wird. Viele Sprachen, wie die fran-
zösische, und die niederdeutschen Mundarten begleiten nun auch die Reibe-
laute s und j sowie die Verschlußlaute b. 4 und g mit diesem Stimmton.
Die süddeutschen und die meisten mitteldeutschen thun dieses nicht mehr und
können daher stimmtonarm genannt werden. Auch das Obersächsische ist
eine stimmtonarme Mundart. Denn w ist der einzige stimmhafte Reibe-
laut, den das Obersächsische noch besitzt; bei s, j und inlautendem g hat ecs
wie auch das Vogtländische und Erzgebirgische den Stimmton aufgegeben.
Während man also im Dessau-Herzbergischen noch ./ön, jäjd spricht, lauten
diese Wörter im Obersächsischen sön, gäxd. Hier bezeichnet/ und j die
stimmhafte, s und x die stimmlose Aussprache.
In Anschluß an letzteres Beispiel sei zugleich erwähnt, daß im Ober-
sächsischen, Erzgebirgischen, Vogtländischen, Sebnitzischen und Huhwäldischen
inlautendes g außer in der Verbindung eng“ stets als stimmloser Reibe-
laut gesprochen wird, im Lausitzischen dagegen als Verschlußlaut.
Wie die erwähnten Reibelaute haben auch die weichen Verschlußlaute
b, d und g im Obersächsischen, Erzgebirgischen und Vogtländischen den
Stimmton aufgegeben. Infolge der Aufgabe des Stimmtones sind aber in
diesen Mundarten die weichen Reibe= und Verschlußlaute: J, j, b und d über-
haupt, sowie g im In= und Auslaut mit den entsprechenden harten ss, ch, p
und t zu den mittelharten Lauten s#, k, b und 4x zusammengeflossen, so daß
z. B. weise und weiße, siegen und siechen, backen und packen, leiden
und leiten ganz gleich klingen, nämlich: weise, sixn, pakn, leidn, und
hierdurch sind die Ergebnisse der hochdeutschen Lautverschiebung etwas um-
gestaltet worden.
Bei diesen gemeinsam für b und p, d und t gesprochenen mittelharten
Verschlußlauten bedingt ein kurzer vorangehender oder folgender Selbstlaut
eine geringe Verstärkung (die hier mit p bezeichnet wird), so pin, aber bine,
ap, aber Sdäb, täs, aber dad. Bei starker Betonung tritt diese Ver-
stärkung jedoch auch vor oder nach langen Selbstlauten ein, so in dem
entrüsteten Ausruf: sf pauer! so in: Du hast das gesagt" wo ich glaube,
zuweilen einen regelrechten reinen harten Verschlußlaut (Tenuis) ver-
nommen zu haben.
Das in der neuhochdeutschen Schriftsprache stumm gewordene aus-
lautende h wird im Obersächsischen noch vielfach gesprochen und zwar als #x (ch)
besonders vor i, so six und fix für sieh und Vieh. Häufiger ist es zu
den Verschlußlauten g oder k geworden; sähe, sah, Floh, Schuh lauten
vielfach akg. säg, flög, süg, ja selbst ziehe deik. Zu fix und sag finden