Karl Franke: Die obersächsische Hauptmundart. 285
das Heim), so auch: „mit nisdke (für mit nichts); ferner die Namen der
Buchstaben so mitn äe (für „mit dem A)jt; ferner Fremdwörter, so „im
leste (für im Logis).
Nur selten taucht auch „e im Vogtland und dem Erzgebirge als
Endung des 3. Falles auf.
Nicht nur im 3., sondern auch im 1. und 4. Falle haben im Obersäch-
sischen diejenigen sächlichen Hauptwörter meist noch das #e, welche es im
Mittelhochdeutschen hatten; so wird für Geschick noch gesige gesagt.
Ihnen schließen sich auch einige weibliche Hauptwörter an, die mittel-
hochdeutsch stark abgewandelt werden, wie Bahn, dessen alte Form bäne das
Obersächsische noch besitzt.
Diejenigen starken Hauptwörter, die im 1., 2. und 4. Fall der Mehr-
zahl im Schriftdeutschen die Endung „#e“ gewahrt haben, besitzen sie auch aus-
nahmelos im Obersächsischen, so Tage, Kühe, Schafe“ und selbst die
Namen der Buchstaben, so „di ĩe für "die J, sowie die Fremdwörter auf
„us, wie ümnibuse (Mehrzahl von Omnibus).
Im Vogtländischen und Erzgebirgischen verlieren dagegen wenig-
stens die einsilbigen der starken Hauptwörter durchgängig das „#e“ in den
erwähnten Mehrzahlendungen, so sagt man für Tage „dox“ im Erzgebirge.
Es geht daraus hervor, daß das Obersächsische bei vielen starken
männlichen und sächlichen Hauptwörtern um eine Form reicher als das
Vogtländische und Erzgebirgische ist. So bildet im Ocbersächsischen
Sohn: 1) den 1. und 4. Fall der Einzahl sön, 2) den 3. Fall der Einzahl
söne, 3) den 1. und 4. Fall der Mehrzahl söne und 4) den 3. Fall der
Mehrzahl sén. — Im Vogtländischen und Erzgebirgischen fallen hier die
Formen unter 1 und 2 sowie meist auch unter 3 und 4 zusammen.
Auch die schwachen männlichen Hauptwörter, deren 1. Fall das
Schriftdeutsche stets oder vielfach ohne #e bildet, haben im Obersächsischen
diesen noch mit ##ei, desgleichen auch Eigennamen; so heißt es hier stets
zugse, herte, suldäde (italienisch soldata), stutente, fritse für Ochs, Hirt,
Student, Fritz.
Auch das weibliche Fremdwort „Madam lautet bisweilen madäme“ und
die Sie zur Bezeichnung eines weiblichen Tieres: siel
Im Vogtländischen und Erzgebirgischen dagegen bilden nicht bloß
derartige Wörter den 1. Fall der Einzahl ohne ‚e, sondern auch viele andere
schwache männliche und weibliche Hauptwörter, so „gun“ für Junge“.
Wo im Mittelhochdeutschen das nicht abgewandelte Eigenschafts-
wort ein e hatte, ist dieses meist auch im Obersächsischen noch vorhanden,
so teste“ für sestt, wilte“ für wild", tüle“ für toll, „glene“ für klein“, Stile“
für still; derartige Formen habe ich selbst in der Freiberger Gegend gehört.