Full text: Sächsische Volkskunde.

Karl Franke: Die obersächsische Hauptmundart. 287 
Ganz fest hält das Obersächsische das e in der ersten und dritten 
Person der Einzahl der schwachen Mitvergangenheit (Imperfekt), ja 
fügt sogar #e“ an dieselben Personen der Wirklichkeitsform der Mit- 
vergangenheit starker Zeitwörter, so ssäe für sahl. 
Das Vogtländische dagegen, sowie das Erzgebirgische werfen in der 
schwachen Mitvergangenheit das e ab. 
Hinter zu nehmen die in der Mundart einsilbig gewordenen Nenn- 
formen (Infinitive) im Obersächsischen zuweilen ### an, so „dsu düne, 
dsu säne“ für zu thun, zu sehen“. · 
Auch bei Umstandswörtern hat das Obersächsische mittelhochdeutsches 
auslautendes #e häufig erhalten, so zunächst bei denen, deren Eigenschafts- 
wörter das ### noch haben, wie stile“, für stillt, ferner bei andern: ‚görne 
für germ, balte, saxte, für sacht, säre“ oder sire“ für sehr (letzteres habe 
ich noch in dem 1½ Meile nördlich von Freiberg gelegenen Großvogtsberg 
gehört), sune“ für „schon,nor#e“ für „nur, „üfte für oft“ forne“ „dräne“ für 
„dram, Ele“ für „all in dem Sinne von zu Ende“ ttene für denn in der 
Frage (so: „was tene?) aléène für allein, mite für mit" (doch nur als 
Umstandswort, nicht als Verhältniswort, so: #r göd mite“ für er geht mite, 
aber stets er ged mit mir). — Ihnen schließt sich das aus dem mittelhoch- 
deutschen iezno“ entstandene #tse für jetzt an. — In Anlehnung an die 
genannten haben aber auch andere Umstandswörter im Obersächsischen ‚e 
angenommen, so zhème für #heim auf die Frage wohin (wie: ##x gs heme 
für #ich gehe heim, das sich an das aus dem 3. Falle von Heim entstandene 
„beme auf die Frage wo angelehnt hat), ferner gewone“, was schon mittel- 
hochdeutsch als Nebenform von gewon auftritt) für gewohnt türte für 
dort“ re“ für eher", ferner die von Mittelformen (Partizipien) gebildeten: 
Letrente“ für gedrängt, „gehaufte“ (gehäuft), gefropte“ gedrigte' (gedrückt), 
Lgeraplte“ geramelte, gesweperte fül. 
Einige auf einen Selbstlaut oder einen Reibelaut endigende Wörter 
bekommen im Obersächsischen nur bei starker Betonung ein ze“ so , hÿe 
oder „hie“ (Zuruf an die Pferde), rüe“ für alleinstehendes ja in der Dorf- 
mundart ause’ in sids ause“ für schiez aus und die Fürwörterformen 
ich, mich, dich, sich und was“ als Ausruf, also: zixe! wase“! u. s. w. 
Dieses hier vorgeführte ostmitteldeutsche e“ ist einst von den katholischen 
Geistlichen des Südens als lutherisch hart befehdet worden; gleichwohl hat 
es in den meisten Fällen den Platz behauptet. 
In Endsilben mit auslautendem Mitlaut dagegen wahrt das Ober- 
sächsische meist diesen, läßt aber den Selbstlaut fallen. 
Zunächst wirft in der Endsilbe #em das Obersächsische das # aus, 
erhält aber das m.
	        
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