Full text: Sächsische Volkskunde.

366 M. Rentsch: Volkssitte, Brauch und Aberglaube bei den Wenden. 
Bräutigam die Braut, beiden zur Seite ihre Ehrenmütter (slöncy)“) welche 
nicht von ihrer Seite weichen, also eine Ehrenwache bilden. Sobald es 
finster wird, kommt mit gemessenen Schritten der braska zur Thüre herein, in 
jeder Hand ein brennendes Licht haltend und singt den Vers: „Ich bin das 
Licht, ich leucht' euch für mit heilgem Tugendleben.“ (Sächs. Gesangb. 412, V. 2.) 
Die Lichter stellt er vor das Brautpaar; sie dürfen weder geputzt noch 
ausgelöscht werden. Daran knüpft sich der Aberglaube: wessen Licht länger 
brennt, der lebt länger. Die Gäste bringen Messer und Gabel mit und 
langen von den überreich aufgetragenen Speisen zu, während Braut und 
Bräutigam die Speisen durch ihre Ehrenmütter vorgesetzt erhalten. 
Während des Essens sammelt sich ein großer Teil der Dorfbewohner 
unter den Fenstern und schaut hinein in die Hochzeitsstube. Den Draußen- 
stehenden werden Schüsseln mit Speisen vom Hochzeitstische in buntester 
Zusammenstellung durch das Fenster hinausgereicht. 
Zur Belebung der Tischgesellschaft singen die Mädchen und Burschen 
Volkslieder, der braska erzählt Schnurren und macht Witze bei Uberreichung 
der Geschenke, was dankbare Lacher findet; dazwischen singt die ganze Gesell- 
schaft in größter Andacht geistliche Lieder. Ein ganz eigener Brauch ist es, 
daß die Brautführer der Braut einen Schuh und die Brautjungfern dem 
Bräutigam den Hut zu entwenden suchen, den dieser auch bei Tische auf- 
behält. Dabei wird das Brautpaar von den slönki beschützt. Bald versucht 
man die Entwendung mit List, bald mit Gewalt, wobei sich eine kleinere oder 
größere Hin= und Herstoßerei entwickelt. Der gute Anstand wird dabei nicht 
außer acht gelassen. Braut und Bräutigam müssen durch Geld die Sachen 
sich auslösen. 
Ist die Tafel beendet, von der sich das Brautpaar früher nicht entfernen 
darf, so tritt die Braut auf den Tisch und von da springt sie herunter. 
Auf gewöhnlichem Wege darf sie nicht hinaus. Vorher ist der Braut die 
borta (d. i. eine turbanartige Haube, vergl. die Abbildungen auf Tafel 1 d) 
mit dem darauf befindlichen Kranze abgenommen worden, dafür wurde ihr 
die Frauenhaube, der Sepc (Tafel 1g), aufgesetzt. Auch bei dem Ab- 
nehmen der borta geht es nicht ohne Widerstand seitens der Braut und ihrer 
Ehrenmutter, der slönka ab. 
“, Zu elönka sei bemerkt: Die oft gehörte und gelesene Erklärung, daß elsnka 
„Salzmeste“ bedeute, ist durchaus falsch. Vielmehr kommt slonka her von slönic 
(altwendisches Verbum) — bedecken, verdecken, schützen; alönka ist also die Ehrenmutter, 
die an Stelle der nicht mit zur Trauung gehenden Mutter gestellte Frau, gewöhnlich 
eine Pate der Braut, die die Ausgabe hat, die Braut zu schützen und zu vertreten. 
Ebenso ist es mit der slônka des Bräutigams. Braut und Bräutigam brauchen bis 
zum Schlusse der Hochzeit ihre Vormünder, Unterweiser, Vertreter, die hier sinniger 
Weise weiblichen Geschlechts sind (vergl. die Unterweisung über die ehelichen Pflichten, 
die der braska, bez. eine Mannesperson nicht geben kann noch darft.
	        
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