370 M. Rentsch: Volkssitte, Brauch und Aberglaube bei den Wenden.
Weizen säet, soll 12 Körner in den Mund nehmen und in jeder Ecke des
Feldes einige davon säen, dann kommen keine Sperlinge. — Bibel und
Gesangbuch dürfen außer Gebrauch nicht offen liegen, dann liest der Teufel
darin. — Liegt ein Strohhalm an der Stubenthür, so bekommt man an
diesem Tage Besuch. — Neue Kleider zieht man zum erstenmal in die Kirche
an, sonst hat man kein Glück darin. — Wenn ein Mädchen den ungetreuen
Liebhaber festhalten will, so formt es aus weichem Brot Kügelchen, trägt sie
in der Achselhöhle und giebt sie dem Burschen heimlich zu essen, dann kann
er nicht von ihr lassen.
Bei Feuersgefahr stellt man eine Backdöse vor das bedrohte Haus.
Dann wendet sich das Feuer und verschont das Haus, vor dem der Back-
trog steht, (zu erklären daraus, daß beim Feuer häufig die örtliche Wind-
richtung infolge der Hitze umschlägt). — Von dem mit der Zahl 13 ver-
knüpften Aberglauben weiß der Wende nichts.
Gern verbindet sich der Aberglaube mit bedeutungsvollen Zeiten.
Am Weihnachtsheiligabend (na partork#icu): man muß das Futter,
welches man den Hühnern giebt, mit einer Kette oder einem Reifen umgeben,
dann legen sie die Eier nicht an vielen Stellen im Gehöfte, sondern an einen
bestimmten Fleck.
Zum Mittag= und Abendessen (besonders beim Läuten) soll man die
Bäume im Garten einladen; auch schüttelt man sie; dies soll bewirken, daß
sie viel Früchte bringen. Man ummwickelt sie mit Bändern von Stroh, auf
dem die Festkuchen gelegen haben, um sie vor schädlichem Hexeneinfluß zu
schützen (geschieht auch am Sylvester). — Was man in den 12 Nächten nach
Weihnachten träumt, geht in dem entsprechenden Monat des kommenden
Jahres in Erfüllung: helles Feuer bedeutet Hochzeit, Rauch den Tod oder
sonst Unglück, Bienen Glück. Sieht man den Geistlichen im Traum, so“
giebts Unglück. Legt man das Ohr nachts 12 Uhr an einen Eichenstumpf,
so hört man die Englein singen.
In der Neujahrsnacht stellen sich die Mädchen mit 2 Lichtern in den
Händen vor den Spiegel, dann erscheint der zukünftige Mann hinter ihrem
Rücken und sie sehen ihn im Spiegel.
Wenn jemand am Fastnachtstage spinnt, so lahmt ihm das Vieh,
tanzen aber Hausvater und Hausmutter an diesem Tage, so gerät ihnen der
Flachs gut. Je höher sie hüpfen, desto besser!
Am Walpurgistage (vergl. schon oben) darf man nichts von der
Viehnutzung verkaufen, besonders keine Milch nach Sonnenuntergang, sonst
wird das Vieh behext.
Am Michaelistage darf man keinen Flachs rösten, sonst stirbt der
Hausherr.