Cornelius Gurlitt: Die Dorfkirche. 897
ist, wie die Inschrift besagt, von dem kunstgeschichtlich bekannten Glockengießer
Butendijc in Sloterdijc, einem Vorort von Amsterdam gegossen. Ahrliche
Nachweise, daß man selbst so schwere Gegenstände, wie Glocken eine so weite
Reise machen ließ, sind hier und da zu erbringen. Seit etwa 1480 wird
dies nicht mehr nötig. In Halle, in Wa Dresden, nomentlich aber in
Freiberg entstehen Gießhütten, —
hier die berühmte der Hillger, T
die meisterhafte Güsse größter
Art liefern. Die Glocken haben
nun zumeist am oberen Rande
eine Inschrift in breiten, er-
habenen Minuskeln. In dieser
Inschrift werden die Heiligen der
Kirche mit einem ora pro nobis
angerufen, oder ihre Namen
werden einfach genannt, oder es
wird das: ave maria gratia
plena dominus tecum ganz und
in Abkürzungen oder endlich der
berühmte Weihespruch der Glocken -
wiedergegeben-OWISMISOFkgwiAbendmahlketchins-ekareher
veni cum pace. Dazu kommt Großsschocher (aus der Mitte d. 15. Jahrhunderts).
zumeist die Angabe der Jahres- XVI. 41.)
zahl in der Wiedergabe in Minuskeln, etwa so, daß 1484 geschrieben wird
meccclxziv und 1512 mvexiüi (das v— 5, das C — 100, also ve fünf-
hundert). Natürlich finden sich auch vielerlei andere Inschriften. Bemerkens-
wert ist namentlich das häufige Vorkommen von Fehlern: Die Buchstaben
A# S -illk-#-
Mrmirte rhüre—aniü--rff--Gxh
o rex fF glorie + criste veni cum 1 vace 1
anno domini mo cecco lxxxxliii
Fig. 162. Inschrift der großen Glocke von 1494 aus der Kirche zu Böhlitz. (XIX. 19.)
wurden in einem flachen Stoffe gebildet und auf die Kernform aufgelegt.
Ofter scheint der betreffende Arbeiter nicht haben lesen können, daher nicht
bemerkt zu haben, daß er sie in Unordnung brachte. Beim Bilden der Guß-
form verschoben sich die Buchstaben oft, so daß man gelegentlich einen mehrere
Zoll unter seinem rechten Orte findet (Fig. 163). All das erschwert das
Lesen oft, so daß dies selten an der Glocke selbst wirklich genau geschehen
kann, sondern besser mittelst einer genauen Durchreibung auf Papier.