410 O. Gruner: Haus und Hof im sächsischen Dorfe.
beiden Seiten zu wärmen und weil hier der freie Dachraum am höchsten
war, daß die Rauchfuttervorräte in einer Abteilung am anderen Ende des
Bauwerks untergebracht wurden, wo sie zum Schutze des Viehraums gegen
Kälte beitrugen u. s. w. Diese Reihenfolge von Wohnraum, Vorplatz mit
Feuerstätte, Stall und Futterschuppen findet sich heute noch bei unzähligen
kleinen Wirtschaften eingehalten, meine Erklärung für ihre Entstehung hat
bis jetzt keine Widerlegung erfahren. Zu jener Zeit, in die ihre Entstehung
fiel, machte sich kein Bedürfnis nach Nebengebäuden fühlbar; die geringen
Erträgnisse des Getreidebaues fanden im Kornkasten und in Strohfeimen
Unterkunft, so daß Scheunen nicht gebraucht wurden. Damit entfiel aber
5
Kall).
Fig. 166. Rundling mit ursprünglicher Einteilung.
auch die eigentliche Veranlassung zur Gehöftebildung und mit dieser der Grund,
das Gebäude etwa nach der Tiefe, rechtwinklig zur Straße zu stellen; die
Langstellung, parallel zur Straße gilt mir deshalb als ein Zeichen sla-
wischen Ursprungs. Noch heute finden wir in den östlichen Teilen unseres
Vaterlandes, wo der slawische Einfluß sich merklicher erhalten hat, häufig
bäuerliche Besitzungen, deren Scheunen, scheinbar zusammenhanglos, abseits,
etwa jenseits der Straße stehen und die durchaus kein Gehöfte in dem uns
geläufigen Sinne bilden. Wenn es gleichwohl Dörfer giebt, deren uralter
slawischer Ursprung zweifellos feststeht und in denen trotzdem die Wohnhäuser
sämtlich ihren Giebel gegen die Straße kehren, so erkläre ich mir das so. Die
deutschen Eroberer fanden die Einteilung der Fluren und Hofraiten vor (Fig. 166)