O. Gruner: Haus und Hof im sächsischen Dorfe. 411
und behielten beide bei, aber auf der Breite der Hofraite, die der Länge des
slawischen Hauses (nebst dem dieses umgebenden Kuhring) entsprach, mußte
ein Gehöfte nach deutscher oder fränkischer Art Platz finden, d. h. das
Wohnhaus mit Stall wurde rechtwinklig zur Straße gestellt, neben dem
Wohnhausgiebel füllte die Hofmauer mit dem Einfahrtsthor den Zwischen-
raum bis zum Nachbarhause aus, die hintere Hofumwehrung bildete die
quergestellte Scheuer. Die Knappheit der ursprünglichen Parzellenbreite und
die Notwendigkeit ihrer nachträglichen Teilung, um für die wachsende Ein-
wohnerzahl neue Wohngelegenheiten zu schaffen, brachte es vielfach mit sich,
daß die Gebäude so dicht zusammenrückten und die Höfe so unbegreiflich eng
ausfielen, wie wir sie in Dörfern ursprünglich deutscher Gründung kaum je
antreffen. Ich habe z. B. in Friedersdorf (bei Königsbrück) zwischen dem
Wohn= und Auszügler-
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haus 1,85 m Abstand 6 " " u□. 1 I s
gemessen. Denken wir 4 . 1 J s
unsdasslawischeHaIts,)" — a #
mitten im Kuhring ste- l3 "
hend, sowohl von den
Nachbargrenzen als von
der Straße durch Zwi-
schenräume geschieden,
zwischen dem Haus und
der Straße die Dung-
stätte liegend, so haben
wir die Vorbedingungen
für die Entstehung des · · , ·
Bauernhofs in der Dres- Fig. 167. Mickten. Nachträglich geteilter Rundling.
dener Gegend, nördlich der Elbe, z. B. in Kaditz, Rähnitz, Mickten (Fig. 167)
u. s. w. Ohne weiteres läßt sich dann auch das Vorrücken des Neben-
gebäudes (Auszüglerhaus) bis zur Straßenflucht erklären, denn hierdurch
wurde das dem Deutschen so ärgerliche Einblicken des Nachbars in seinen
Hof wirksam verhindert. Der etwas ungesellige, trotzige Charakter des
deutschen Kolonisten, der wohl hauptsächlich auf niederdeutschen Ursprung
hinweist, spricht sich auch in anderen, noch zu erwähnenden Beobach-
tungen aus. ç
Unverkennbares Gepräge slawischen Ursprungs tragen diejenigen Dörfer,
die wir als Rundlinge bezeichnen und von denen im Elbthal und in den
einmündenden Seitenthälern noch in der ersten Hälfte unseres Jahrhunderts
eine ziemliche Anzahl wohl erhalten war. Ihren Mittelpunkt bildet der
Teich; um diesen sind die Gehöfte radial angeordnet (daher vielleicht der
Familienname „Teichert"), so daß sie einen geschlossenen Kreis bilden, der
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