Full text: Sächsische Volkskunde.

414 O. Gruner: Haus und Hof im süchsischen Dorse. 
denn auch dort sind Harzer Bergleute eingewandert. Es ist uns nicht ge- 
lungen, ein Gesetz aufzufinden, das für die verschiedene Dachneigung maß- 
kgebend wäre; Sonne, Wind oder Schnee scheint dabei nicht im Spiele zu 
sein, vielleicht aber die verschiedenartige Nutzung der darunter gelegenen 
Räume (Wohn= und Schlafräume mit steilerer, Futterböden mit flacherer 
Dachneigung). (Fig. 171 aus Thomasdorf.) Wenn man die jetzigen Be- 
wohner darum befragt, so erhält man die übliche Antwort: „Das wissen 
wir selbst nicht, warum das so gemacht worden ist". 
Die fränkische Grundform. 
Als dritte und wichtigste Grundform bleibt nun die zu betrachten, die 
der ursprünglich deutschen Siedelung in Sachsen eigentümlich ist, die dem 
sächsischen Bauernhause und -Hofe sein eigenartiges Gepräge verleiht und 
die auch in anfänglich slawischen 
Gebieten unbestritten den Sieg da- 
vonträgt. Sie fußt unverkennbar 
auf fränkischem Vorbilde und zwar 
entspricht sie ziemlich genau der 
Spielart, die in der Oberpfalz und 
in den westlichen Gebirgszügen 
zwischen Rhein und Weser sich vor- 
— findet. Das Hauptkennzeichen dieser 
— 75 Bauweise ist der vollkommen ge- 
v .... schlossene Hof, der am liebsten 
ig. 171. orf. tiges Haus · , 
dig bunsbomesdarf, Einbüsag, va selbständig, ohne Zusammenhang mit 
dem Nachbar angelegt wird und im 
Gegensatz zum slawischen Dörfler seine Sicherheit in der eigenen Kraft, im 
wohl verwahrten Anwesen sucht (Fig. 172, siehe umstehend). Man trifft 
in Sachsen Dörfer an, die beide Typen: den kastellartig umwehrten Hof 
und die offene Anlage, gegen die Straße kaum durch einen Zaun abge- 
trennt, unmittelbar nebeneinander aufweisen. Am auffälligsten war mir das 
in Gomlitz bei Lausa. Daneben finden sich vielfach noch die sogenannten 
ausgebauten Güter vor, d. h. solche, die isoliert mitten in der Feldmark 
liegen. („Die Hufe“ bei Frauenstein u. a. O.) Vielleicht haben sie zur 
Entstehung des Familiennamens „Sünderhauf“ (von Sonderhufe) Anlaß 
gegeben. Ein ganz kleines Beispiel davon giebt Fig. 173 und 174 aus 
Kaufbach (siehe Seite 416). 
Bei dieser Art von Höfen steht das Wohnhaus mit dem Kuhstall jeder- 
zeit rechtwinklig zur Straßenrichtung; ihm gegenüber, ebenso gerichtet, 
steht das Nebengebäude mit dem Pferdestall, hinten quervor steht die Scheune. 
Der siegreiche Einwanderer mußte sein Besitztum wehrhaft anlegen, darum 
   
	        
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