Full text: Sächsische Volkskunde.

420 O. Gruner: Haus und Hof im sächsischen Dorfe. 
wehren (Fig. 177). Noch außerhalb dieser Hofumwehrung, unter den 
Fenstern des Wohnhausgiebels, liegt der von einem Zaun umhegte Kretz- 
(d. h. Küchen-) Garten, dem aber neben den Küchenkräutern auch die vom 
Bauer bevorzugten Zierpflanzen, wie Balsaminen, Feuerlilien, Basilikum, 
Rittersporn und Sonnenrosen fast nie fehlen. Das Herausrücken der Hof- 
mauer vor die Flucht des Wohnhausgiebels gegen die Straße ist vollkommen 
typisch und z. B. bei den Elbdörfern der Niederlößnitz (in Kötzschenbroda, 
Radebeul u. a.) noch heute sehr auffällig; hier geschah es vielleicht, um das 
Weinspalier nicht unmittelbar an die Straße pflanzen zu müssen, es ist ein 
Zaun davor. Die Mauer hat 2 Durchbrechungen, eine einflügelige Pforte 
zunächst dem Wohnhausgiebel und ein zur Mitte des Hofes führendes mäch- 
tiges Einfahrtsthor, am liebsten von einem kühn geschwungenen Bogen 
überspannt (Fig. 178). Der Schlußstein des Bogens trägt meistens die An- 
fangsbuchstaben des Erbauers und 
die Jahreszahl, manchmal auch ein 
passendes Sinnbild, ein bäumendes 
Furerd, Kornähren od. dgl. Diese 
Booeneinfahrten nennt Riehl eben- 
sotreffend wie schön die Triumph= 
bogen des Landmanns, durch die 
er mit dem hochbeladenen Ernte- 
weagen als Triumphator einzieht, 
« und mich gemahnt ihre Verbin- 
dung mit der Pforte immer an 
das festliche Adventswort des 
24. Psalms: „Machet die Thore weit und die Thüren in der Welt hoch“. 
Zwischen Pforte und Thor finden sich zuweilen Inschriften vor, die auf die 
Geschichte des Hofes, Wiederaufbau nach Krieg und Brand oder auf die 
Bedeutung des Einganges Bezug haben, z. B. in Leubnitz das andere Pfsalm- 
wort (121, 8): „Der Herr behüte deinen Ausgang und Eingang“; auch fehlt 
hier selten ein Ruhebänkchen für die Feierabendstunden und den Sonntag- 
Nachmittag. Außerdem wird hier die Nummer angebracht, da auf dem 
Dorfe nicht die Häuser, sondern die Gehöfte gezählt werden. Manchmal 
freilich befteht das Thor auch nur aus mächtigen Pfeilern (Schäften) aus 
Stein oder Mauerwerk ohne Schwibbogen, die dann einen bekrönenden 
Schmuck oder wenigstens eine Bepflanzung mit Hauslaub erhalten; und wo 
die übrige Einfriedigung von Holz (Planken oder Zaun) hergestellt wird, 
besteht auch die Thorüberdeckung nur aus einem kräftigen Balken (Ober- 
schweis), etwa durch ein Strebesystem von Bügen unterstützt und zum Schutz 
gegen das Wetter mit einer Abdeckung aus Brettern, Schindeln oder Ziegeln 
versehen (Fig. 179). 
 
	        
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