Full text: Sächsische Volkskunde.

432 O. Gruner: Haus und Hof im sächsischen Dorfe. 
Die beiden Wohnräume sind fast ausnahmslos unterkellert und zwar 
befindet sich der Milch= und Wirtschaftskeller hier, wo mit Rücksicht auf 
die Milch keine Kartoffeln untergebracht werden (Fig. 184). Der eine Zugang 
ist stets direkt vom Hofe aus, neben der Hausthüre, wahrscheinlich der geraden, 
stets steinernen Treppe zuliebe (vergl. Fig. 182), oder auch unter dem er- 
höhten Vorplatz vor der Hausthüre; außerdem führen häufig einige ab- 
zweigende, gewendelte Stufen von derselben Treppe innerlich nach der Haus- 
flur (vergl. Fig. 184). In sehr einfachen Wirtschaften trifft man auch den 
Kellerzugang in der Wohnstube, durch eine Fallthüre verdeckt. — Die Keller 
sind mit ungeputzten Gewölben überspannt; die Kühnheit der Konstruktion 
ist mitunter überraschend, zumal, wenn man das nicht leicht zu bearbeitende 
Steinmaterial (günstigenfalls Pläner oder Gneis im Elbthal bezw. Erzgebirge) 
und das zweifelhafte Bindemittel (Lehmmörtel) berücksichtigt; desto stolzer 
sind die Bauern aber auch meist heute noch auf ihre geräumigen, sauberen und 
kühlen Milchkeller, und der Familienname „Kellerbauer" hatte somit vielleicht 
ursprünglich eine Auszeichnung zu bedeuten. Keller mit Balkendecke trifft 
man nur in ganz steinarmen Gegenden an, „getrennte Keller"“ (der oben- 
gedachten Art) sind mir in Sachsen überhaupt nicht zu Gesicht gekommen. 
Fast in jedem Keller finden sich noch einige wandschrankartige Nischen vor, 
für Vorräthe oder als Versteck benützt (Fig. 184), die unter besonderem Ver- 
schluß gehalten werden; aus dem Hauptkeller führen lange Kellerhälse, mit 
Stichkappen überwölbt, zu den über der Hofplanie gelegenen Kellerlöchern, 
die im Sommer stets offen stehen, im Winter mit Pferdedünger „versetzt" 
werden. 
Aus dem vorderen Teil der Hausflur, zunächst der Hausthüre antretend, 
mit der Richtung nach der Tiefe des Gebäudes, führte die Treppe ursprüng- 
lich in einfachem, geraden Laufe, neben der Stallscheidewand, nach dem 
Obergeschosse, falls sie nicht, wie schon erwähnt, in die Laube eingebaut wurde 
und somit an der Außenseite des Hauses liegt. Sie war früher stets hölzern 
und bestand nur aus zwei glatten Zargen mit eingeschobenen oder verzapften 
Tritten, ohne Setzstufen und ohne Handleitstange. Manchmal ist der drei- 
eckige Raum zwischen Zarge und Decke mit Brettern verschlagen, an der 
Vorderseite vielleicht auch mit einer Abschlußthüre versehen. In moderneren 
Bauernhöfen trifft man häufig Steintreppen an, die meist der Küchenthür 
gegenüber antreten (vergl. Fig. 184) und in zwei= oder dreifach gebrochenem 
Laufe zwischen Steinwänden nach oben führen. Im Obergeschoß mündet die 
Treppe auf einen Vorplatz mit ein oder zwei Fenstern, der Hausflur ent- 
sprechend, von dem man in die am Giebel gelegenen Oberstuben des Bauern 
gelangt (vergl. Fig. 185). Im Altenburgischen gehört zu ihnen die berühmte 
„Porstube", die ihrem Zwecke nach etwa dem „Pesel“ des friesischen Bauern- 
hauses entspricht. Die Oberstuben entsprechen den Erdgeschoß-Wohnräumen,
	        
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