440 O. Gruner: Haus und Hof im sächsischen Dorfe.
gnügen; ist aber ein Auszüglerhaus vorhanden, so enthält es gewöhnlich zwei
ziemlich beschränkte Wohnungen, beide an der der Straße zugekehrten, dem
Hofthore zunächst gelegenen Giebelseite, von denen die im Erdgeschoß befind-
liche in größeren Wirtschaften für den Schirr- oder Hofemeister nebst seiner
Familie, die im Obergeschoß gelegene für den früheren Besitzer, also meistens
die Großeltern, als Unterkunft zu dienen hat. Räumlich sind sie in der
Regel ziemlich knapp, baulich sehr altertümlich und pfleglich meist sehr her-
unter gekommen. Vielfach fand ich sie — wenn unbewohnt — der meisten Aus-
baugegenstände, wie Ofen und dergl., beraubt und in ruinenhaftem Zustande.
Dieses Nebengebäude enthält im Erdgeschoß ferner häufig den Pferde-
stall (vergl. Fig. 172), dessen Bauweise und Einrichtung sich in alten Gütern
von der des Kuhstalles kaum unterscheidet, es sei denn durch den Bohlen-
fußboden, der zur Schonung der Hufe manchmal unter den Vorderfüßen
eingelegt wird, oder durch die Lattierbäume zwischen den Ständen. Von
außen ist er aber sofort durch das Schutzdach (vergl. Fig. 187) kenntlich, das
neben der Thüre dazu dient, die mächtigen Kummte und die metallbeschlagenen
Geschirre gegen Regen und Schnee zu schützen, weil sie im Stalldunst feucht,
beschlagen und verstocken würden und deshalb im Freien aufbewahrt werden.
Anschließend an den Stall findet man häufig eine Remise für die Kutsche
und den Schlitten, neben denen auch manchmal noch der Haferkasten seinen
Platz hat und aus der eine Stiege nach dem darüber gelegenen Heuboden
führt. Dieser steht aber außerdem durch eine aus der Dachfläche vortretende
Heuluke von richtiger Thürgröße mit dem Hofe so in Verbindung, daß das
Einbringen des Heues vom Wagen direkt erfolgen kann. Zwischen der
Wohnung und dem Heuboden liegt im Obergeschoß noch die Häckselkammer,
wo sich die Häcker= oder Häckselbank nebst einigen Strohvorräten vorfindet.
Große Häckervorräte legt der Bauer nicht gern an, weil namentlich das
Haferstroh, geschnitten, sehr bald das Aroma einbüßt.
b. Die Scheune.
Als zweites wichtiges Nebengebäude ist nun die Scheune zu betrachten.
Ihre Einteilung in Tenne und Banse scheint in Sachsen uralt zu sein, ob-
gleich die Slawen sich vielfach mit der Tenne (auf der anstatt des Dreschens
das Vieh getummelt wurde) und im übrigen mit Feimen scheinen beholfen
zu haben. — Nur aus einer Tenne scheint die alte Scheune des Erbgerichts
in Niedersteina bestanden zu haben, denn daneben ist ein Keller, darüber
liegen frühere Wohnräume, die ehemalige Tenne selbst dient jetzt als Durch-
fahrt. Alte Scheunen haben in Sachsen wohl ausnahmslos Quertennen,
d. h. solche, die rechtwinklig zur Länge des Gebäudes gerichtet sind, meist
mit je einem Thore nach der Hof= und nach der Feldseite. Fig. 172 und
Fig. 195, die „neue Scheune“ von Fig. 177 darstellend. In Fig. 177 be-