456 O. Gruner: Haus und Hof im sächsischen Dorfe.
Korndiebe von deu Scheunen wegzuscheuchen. Auch die im Winter vor den
Fenstern aufgehängten
Strohmatten bereichern
das Bild unserer Dörfer.
(Zahlreiche zu diesem
Abschnitt gehörige Dar-
stellungen hat der Ver-
fasser in seinen „Bei-
trägen zur volkstümlichen
. . — — « Bauweise“ schon früher
ig. 214. - k .
Fig. 214. Hinter-Hermsdorf. Geschoß-Uberstand veröffentlicht.
Gerichte, Frei-, Nitter= und ähnliche Gutsanlagen.
Steigen wir auf der von den Häuslern, Gärtnern oder Wirtschafts-
besitzern und den Bauern gebildeten Leiter der ländlichen Rangordnung höher,
so gelangen wir zu den als Gericht-, Erb= oder Lehngerichte be-
zeichneten Höfen. Stellung und Amt ihrer Besitzer in alter Zeit ist noch
nicht vollkommen geklärt; sie scheinen je nach dem Erb= oder Lehnsherrn
verschieden gewesen zu sein; da auch „Gärtner“ und Häusler zu „Richtern“
gemacht wurden, so war die Größe des Besitzes wohl kaum das ausschlag-
gebende Moment. Für unsere Zwecke genügt es, festzustellen, daß die als
„Gericht“ bezeichneten Güter zwar meist zu den ansehnlichsten im Dorfe
gehören, daß sie aber baulich keinerlei Eigenartigkeiten aufweisen. Ins-
besondere fehlt jeder ausschließlich der Rechtspflege bestimmte Raum, sei es
nun eine Gerichtsstube, ein Arrestlokal oder ähnliches. Die Verhandlungen
mit den Altesten oder Schöppen mögen wohl bis in späte Zeit unter der
Linde stattgefunden haben, als einstweiliges Gefängnis (Pömmerle genannt)
diente später und zum Teil heute noch meist das Spritzenhaus.
Weiter gelangen wir zu den Freigütern, die in Sachsen den Ritter-
gütern gleich geachtet werden, zumal auch die Entstehung der Rittergüter
nur zum allerkleinsten Teile in die Feudalzeit zurück reicht. Als Beweis
führe ich das Dorf Ottenhausen an, wo i. J. 1708 neben zwei Freigütern
noch drei Rittergüter vorhanden waren; ferner sei an die Entstehung des
„freien Erbrittergutes"“ Naundorf (bei Grillenburg) erinnert, die i. J. 1651
durch Vereinigung von 5½ wüsten Hufen erfolgte. Auch die Kloster-
güter sind dieser Klasse zuzuzählen. In baulicher Hinsicht liegt somit
keine Ursache vor, daß Frei= oder Rittergüter, abgesehen vom größeren Um-
fange oder von besseren Wohnhäusern, sich von stattlichen Bauernhöfen
wesentlich unterscheiden müßten. Nur die Nebenbetriebe finden wir
hier häufig viel weiter entwickelt, als dort. Zunächst sind hier die Schäfe-