458 O. Gruner: Haus und Hof im sächsischen Dorfe.
der Pferdestall geduldet, wie z. B. in Kriebstein, wo er unter dem Ritter-
saale liegt. Die Wohnräume befinden sich im Schlosse, dem Gutshofe fehlt
somit ein wesentlicher Bestandteil: das stattliche Wohnhaus, der Hauptfaktor,
denn bei aller Bedeutung der Wirtschaftsgebäude liegt der geistige Schwer-
punkt doch immer in der menschlichen Behausung. Durch spätere Verlegung
des Schloßgebäudes ist der Unterschied der beiden Höfe mitunter verwischt
worden, wie z. B. in Helfenberg, er tritt aber auch hier sofort wieder in die
Erscheinung, wenn man auf den noch vorhandenen Fundamenten sich das
Ritterhaus mit Bergfried wieder aufgebaut denkt (Fig. 216). — Bauher-
stellungen bei den
Rittergütern wurden
meist dadurch sehr er-
leichtert, daß die Bau-
ernzu „Baudiensten“
— verpflichtet waren und
— diese Baudienste zu den
ungemessenen Diensten
1 gehörten, d.h. sie mußten
geleistet werden, bis der
Neu= oder Instand-
u##nnn „ 1 haltungsbau beendet
war. Sie bestanden
aus Baufuhren und
Handarbeit, durften
aber nur für die Hof-
raite nebst Pertinenzien,
nicht aber für Vor-
werke oder erkauftes
Fig. 216. a. Herrenhaus, b Brauerwohnung, c Bierbrauerei, Bauerland beansprucht
4 Milchpächterwohnung, e Rinderställe, f Pferdeställe, g Scheu- werden; auch gehörte
nen, h Schafstall, i Scheune (neue Anlage), k (Preßgebäude, das Graben und Weg-
steht weiter abseits im Weinberg). fahren des Grundes
und Schuttes nicht dazu.
Immerhin wurde die Bewirtschaftung des eigenen Gutes durch diese Frohne
oder Scharwerke vielfach geschädigt.
Nur in Kürze sei noch der Kammergüter und Landesschulgüter
gedacht, die ursprünglich zum direkten Besitz und Genuß der Zivilliste bezw.
Klöster und der an ihre Stelle getretenen Staatsanstalten (in Grimma und
Meißen) gehörten, jetzt aber ausschließlich dem Finanzministerium unterstehen.
Ihrer Entstehungsgeschichte entsprechend weisen sie in ihrem Umfang und
baulichen Wesen sehr große Verschiedenheiten auf; ich gebe hier von dieser
Riler qut Helfenberg.
— feld