Full text: Sächsische Volkskunde.

O. Gruner: Haus und Hof im sächsischen Dorfe. 461 
Das bereits mehrfach erwähnte Mandat vom 18. Februar 1775 „die auf den 
Dörfern zu beobachtende Feuerordnung betreffend“ begnügte sich nicht mit 
der Forderung eines Feuerteichs. Brunnens, Wasserbehältnisses oder einer 
Cisterne, sondern verlangte auch, daß bei dieser Entnahmestelle zwei oder drei 
„Radebergen“, (gefüllte Wasserbottiche) bereit stehen sollten, — aber nur im 
Sommerl, im Winter waren sie auszuleeren und umzulegen. Diese bisweilen 
auf Rädern zumeist aber auf mächtigen Kufen ruhenden und somit im Not- 
fall transportfähigen Sturmfässer waren eines der Wahrzeichen unserer Dörfer 
und Kleinstädte. Ferner mußte für je fünf Häuser mindestens eine Feuerleiter 
und ein Feuerhaken, beide der Höhe des höchsten Gebäudes entsprechend, vor- 
handen sein; ihre Unterbringung in besonderen Leiterhäusern führte zur Ent- 
stehung einer zweiten charakteristischen Erscheinung in unsern älteren Dörfern. 
Diese Aufbewahrungsorte für Leitern und Reißhaken waren lange, aber 
niedrige Schuppen, meist mit zweiseitigem Ziegeldach, aber im übrigen nach 
allen Seiten vollkommen offen und leicht zugänglich. Als drittes in der 
Straße sichtbares Resultat der feuerpolizeilichen Vorsicht ist der Spritzenhäuser 
zu gedenken, deren Lage meist thunlichst abgesondert von andern Gebäuden, 
oft im Schatten mächtiger Bäume, gewählt wurde und die dadurch, so überaus 
schlicht ihre Bauart sein mag, manchmal ganz anziehende Veduten bilden, 
z. B. in Dauba bei Lohmen. — Weniger auffällig waren die Feuerlösch- 
geräte, die außerdem für jedes Gut oder Haus gefordert wurden: eine hölzerne 
Handspritze (die gelegentlich auch veterinären Zwecken diente), eine Laterne, 
lederne Eimer, Stangen mit Reißig= und Strohballen (zum Ausschlagen und 
Auslöschen von Stuben= und Essenbränden), Leiter, Feuerhaken und zwei 
Wasserfässer, eins vor dem Haus, eins auf dem Dachboden stehend. Hier 
sind auch die Haken zu erwähnen, die am Gebäude-Außeren anzubringen 
waren, um bei Feuersbrünsten Laternen zur Straßenbeleuchtung daran 
aufzuhängen. 
Ließen auch alle diese Maßregeln eine umsichtige Fürsorge nicht ver- 
kennen, so versagten sie doch vielfach im Falle der Not, weil keine geschulte, 
einheitlich geleitete Mannschaft vorhanden war, um sie kaltblütig und mit 
Sachverständnis zu gebrauchen; in dieser Hinsicht, neben der besseren Wasser- 
versorgung und der weniger verbrennlichen Bauweise, dürfen wir entschiedene 
Fortschritte verzeichnen. 
Schlußbetrachtung. 
Leider hat es den Anschein, als ob der umstehend geschilderte Vorgang der 
Modernisierung, der sich in der Stadt binnen eines Menschenlebens vollzieht, 
auch für sehr viele Dörfer unseres platten Landes vorbildlich werden sollte. 
Denn wer jetzt dort nach den Zeugen der guten Zeit und nach kraftvollen 
Repräsentanten des festgegründeten Bauerntums forscht, um ein Bild davon
	        
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