466 K. Schmidt: Die bäuerliche Wohnung.
Blockbau und der durchweg aus Bohlenwerk gezimmerten Wohnstube ihren
volkstümlichen Ausdruck findet.
Hier, wo die Sorben-Wenden als die Nachkommen der altslawischen
Bevölkerung in zum Teil von Deutschen noch ganz unvermischten Bezirken
wohnen, hat sich die fränkische Hausanlage nur schwer Eingang zu schaffen
vermocht; hier zeigt sich noch bei einzeluen alten Wohngebäuden bei der am
Giebel vor der Wohnstube vorgelagerten und von außen zugängigen Kammer
die ausgesprochene Neigung, den Eingang in das Wohnhaus nach slawischer
Gewohnheit an die Giebelseite zu legen und sämtliche Wohn= und Wirtschafts-
räume neben einander und unter einem langgestreckten ungebrochenem Dache
unterzuordnen.
Bezeichnend für den Umstand, daß die deutschen Kolonisatoren doch zu-
meist mit angesessenen slawischen Handwerkern zu rechnen hatten, ist es auch,
daß selbst in rein deutschen Gebieten die den Wenden eigentümliche Zimmer-
kunst und Dekorationsweise zum Ausdruck kam und hier die Ausbildung der
Wohnung sichtlich beeinflußte.
Während der Deutsche in der ihm angeborenen kunstgeübten Fertigkeit
und kraftvollen Derbheit aus dem vollen Holze ornamentiert und nicht nur
äußerlich sondern auch im Innern seinem Wohnhause ein künstlerisches Ge-
präge zu geben bemüht ist, befriedigt der Slawe, indem er die Kanthölzer
nur mit Fasen versieht und seine dekorativen Formen im übrigen aus aus-
gesägtem Brett= und Lattenwerk — und hier allerdings in sehr ansprechender
malerischer Gestaltung — bildet, in erheblich einfacher Weise seinen
Dekorationssinn. Den Zapfenverband kennt der Slawe nicht; er verbindet
seine Streben, Bänder und Riegel nur stets mit dem schwalbenschwanz-
förmigen Blatt und weicht von dieser Eigenart selbst dann nicht ab, wenn
für regengeschützte Verbände der ihm bekannte deutsche Zapfen wesentlich
zweckmäßiger wäre. Diese volkstümlichen Eigenarten lassen daher auch den
Unterschied im Ursprung der neben= und ineinander gehenden Formen deutscher
und flawischer Bauweisen in den sächsischen Landen überall deutlich hervor-
treten. Sie überträgt sich — indem die Teller= und Schüsselbretter, die
Geschirrschränke, Stühle, Bänke und Deckenbalkenfriese — derselben Dekorations-
weise unterworfen werden, auch auf das Innere der traulichen Wohnstuben,
die — soweit Farbengebung in Frage kommt — überall einen rötlich braunen
Olanstrich zeigen.
Je nach den Eigentümlichkeiten der Bodenverhältnisse und dem Vor-
handensein der dadurch bedingten Baustoffe schwanken zwar die Formen des
Wohnhausbaues sowohl inbetreff der Ausführungsweisen in Dach und Fach
als auch in der Gruppierung der Wohnräume untereinander; allein überall
tritt doch die dem fränkischen Grundtypus eigentümliche Anlage der von der
Hofseite zugänglichen Flur mit daran gereihter Wohnstube nach der einen