Full text: Sächsische Volkskunde.

K. Schmidt: Die bäuerliche Wohnung. 473 
Von der Dorfstraße führt ein großer gewölbter Thorweg mit an— 
geordnetem Seitenpförtchen zum Hofraum, der als Miststätte dient und ganz 
von Gebäuden umschlossen ist. Das Wohnhaus liegt, durch einen gepflasterten 
Weg (Häuste) von der Miststätte getrennt, meist dem Thorweg gegenüber, 
kehrt seine Langseite dem Dorfe zu und legt die Wohnstube gewöhnlich an 
den Südgiebel. Diese letztere, von quadratischer Form, faßt die ganze Familie 
mit Gesinde. Die Wände der sehr niedrigen mit gestäbter Decke versehenen 
Stube sind aus Holzbohlen (Figur 226) zusammengeschroten, daher der Name 
Bohlenstube oder — wie der Altenburger sagt — biehlerne Stube. 
Diese Bohlen sind oft 12— 16 Zoll alten Maßes 
stark und werden äußerlich in den Fugen mit Lehm verr0 
strichen. Selten sind in solchen Stuben mehr als 4 Fenster, 
zwei derselben gehen auf den Hof, zwei auf die Giebel-- 
seite in den Garten; nach des Nachbars Gehöfte zu ist inn!½ 
kleines Loch — die Gucke — angebracht. Das Gebälke der. 
Stubendecke tragen 2 bis 3 Unterzüge, deren Zwischen-- 
räume mit 1½ bis 2 ölligen Pfosten getäfelt sind. Ein 
sehr großer Kachelofen mit eisernem Kasten, grünem 
Kachelaufbau und mehreren eisernen oder kupferne 2 
Blasen nimmt die Ecke links der Eingangsthür zur Stube 
fast völlig ein. Hier wird das Wasser für 20 und mehr7 
Stück Rindvieh erwärmt. Die Anordnung der um- · 
laufendenBank,desTischesundderHölle,ebensodieDe ckeåljngsgzanw 
teilweise Belegung der sonst gedielten Flächen mit ge= konstruktion einer 
brannten Ziegeln oder Sandsteinen ist die allgemein Bohlenstube. 
typische. Die Ausstattung des Wohnzimmers wird hier 
ausnahmsweise noch ergänzt durch eine neben der Stubenthür befindliche 
bunt angestrichene Käsebank, worin die Käse gelaibt werden, mit darüber 
befindlichem Topf= und Schüsselbrett, einem gepolsterten Großvaterstuhl seit- 
lich am Ofen und zwei starken Stangen, welche, in Ketten von dem mit 
Simswerk verzierten Unterzügen herabhängend — der Rück genannt — dazu 
bestimmt sind, das im Winter gesponnene Garn und dergleichen aufzuhängen. 
Einige weitere Stangen — Rösten — sind um den Ofen herum angebracht 
und dienen zum Wälschetrocknen. 
Im geräumigen Vorhaus — schlechtweg Haus genannt — befindet 
sich der Brotschrank (Brotalm). Die Anlage der Küche mit der eigenartigen 
Essenanlage verdient, weil sie sonst nirgends in Deutschland in gleicher 
Originalität vorkommt, besondere Erwähnung. Während sonst die Umfassungs- 
wände nur aus Lehmstaakwerk und Riegel= bezw. Bohlenwänden bestehen. 
umschließen hier starke Umfassungsmauern aus Bruchsteinen in einem läng- 
lichen Vierecke den Raum der glatten getäfelten Küche mit den darüber be- 
 
	        
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