Full text: Sächsische Volkskunde.

476 K. Schmidt: Die bäuerliche Wohnung. 
So konnte das Strohdach abbrennen, ohne daß die Dachverbindung dadurch 
in Mitleidenschaft gezogen wurde; so fanden die mit einer ¾ elligen Lehm- 
mauer umhüllten zusammengeschrotenen Holzumfassungen in gleicher Weise 
feuersicheren Schutz, welcher durch eine eiserne Thür, für den einzigen Ein- 
gang zu dem Speicher noch wesentlich und zweckdienlich erhöht wurde. 
Für die Landschaftsgebiete im Westen des Herzogtums liegen die bau- 
lichen Verhältnisse unter dem Einflusse einer vorwiegend auf deutscher 
Kolonisation fußenden Besiedelung wesentlich anders. Hier überwiegt die 
fränkisch--thüringische Hof= und Hausanlage (Fig. 227 und 228) obwohl alle 
übrigen Formen des Wohnhausbaues und zwar ebenso der altslawische Block- 
als auch der fränkische Ständerbau, die einfachen Lehmwellerhütten als auch 
die mannigfaltigen Formen des Mischbaues neben einander vorkommen. 
Und gerade diese außerordentliche Mannigfaltigkeit in der Bauweise, ver- 
bunden mit der Vielgestaltigkeit der Siedelungsformen wie nicht minder 
der Trachten und Gewohnheiten der Bevölkerung machen den Westkreis des 
altenburgischen Landes zu einem der interessantesten Forschungsgebiete 
Deutschlands. 
Außerhalb des Rahmens dieser Bearbeitung würde es zu weit führen, 
die bäuerlichen Wohnungen dieser anmutsvollen Landschaften einer Be- 
schreibung zu unterwerfen. Es mag genügen, auf den in Figur 228 dar- 
gestellten Grundriß des Wohnhauses eines Bauerngutes in Heilingen mit 
der in thüringischer Auffassung angeordneten zweckmäßigen und malerischen 
Laube vor dem Hausseingange, auf die künstlerische Durchbildung der Wohn- 
stube (Figur 227) wie nicht minder schließlich auf die gediegene, formvollendete 
und vornehm-gefällige Durchbildung der Außenansichten (Figur 219) hinzu- 
weisen, um erneut dem Bedauern Ausdruck zu geben, daß der Siegeslauf 
deutscher Kultur in seinem Zuge nach Osten durch die Mißgunst der Ver- 
hältnisse leider nur zu sehr gehemmt wurdel 
Werfen wir nun einen Blick auf die südlichen Gebiete Sachsens, so 
finden wir in den Thälern und Höhen des Erzgebirges und des Vogtlandes 
durch die rauhen klimatischen Verhältnisse bedingt wohl andere konstruktive 
Formen des Hausbaues, doch immer aber denselben Typus der Bauernstube 
und der bäuerlichen Wohnung. Während die deutschen Kolonistendörfer des 
Erzgebirges kaum nennenswerte Abweichungen in der herkömmlichen Ein- 
richtung der Wohnräume zeigen und nur um die Weihnachtszeit einen be- 
sonderen und hier allerdings anheimelnden und dem tiefen Gemütssinn der 
Bevölkerung entsprechenden Schmuck in der Darstellung der einen wesentlichen 
Teil der Wohnstube einnehmenden „Krippen" oder „Christgeburten“ (Figur 269, 
Seite 523) aufweisen, bietet das Vogtland mit dem volkskundlich zusammen- 
gehörigen Egerland hierfür wesentlich wertvollere Momente. Die in Figur 229 
dargestellte Vogtländische Bauernstube, wie sie in den bezeichneten
	        
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