478 K. Schmidt: Die bäuerliche Wohnung.
befindet sich die „Höll“ mit einer darin aufgestellten hölzernen Bank oder
einem hölzernen, keilkissenförmigen „Faullenzer“, dem Lieblingsplätzchen des
Vogtländer Bauern; hier „flaamelt"“ er sich aus, hier läßt er sich die Ruhe
wohl behagen. Paradehandtuch und Leuchtkamin haben den herkömmlichen
Platz; letzterer dient neuerdings und in weiterer Verwendung seines ursprüng-
lichen Zweckes zur Einstellung der Rüböllampe und der Feuerzeuge. Die
gesamte Ausstaffierung der Wohnstube, deren Wände und Decke vollständig
aus Holz bestehen, ist rotbraun gehalten, die an den Einrichtungsgegenständen
aufgebrachte Malerei zeigt weiß gehaltenes Ornament mit roten und weißen
Fig. 228. Grundriß eines Bauernhauses aus Heilingen (S.-A.).
(Architekt C. Timler, Jena.)
Blumen. Die tief eingebauten Fenster sind mit kleinen Schiebeflügeln ver-
sehen. Ein Freund frischer Stubenluft ist der Vogtländer jedenfalls nicht,
die Fenster werden nur selten geöffnet, denn „lieber derstickt als derfrorn"
sagt ihm ein altes Sprichwort!
Eine besondere Eigentümlichkeit bildet die „Kaassteig", ein aus Latten
hergestelltes, zuweilen dekoriertes, von der Stubendecke herabhängendes hölzernes
vierseitiges Gestell mit einzelnen Fächern zum Trocknen der Käse und
darunter — zum Auffangen der abtropfenden Käsebrühe — ein irdener Be-
hälter; ebenso eigentümlich für die altvogtländische Bauernstube ist die auch
in der Wendei herrschende Gewohnheit, alljährlich einmal einen Wirkstuhl
zum Weben der Leinwand (Leimet) aufzuschlagen. Zum Verspinnen des
selbstgebauten Flachses stehen in einer Ecke mehrere Spinnräder, in deren
Handhabung sich auch die Männer teilen. Der Brotschrank (Olme) steht in