K. Schmidt: Die bäuerliche Wohnung. 481
Ganz unverkennbar ist dieser Einfluß im Vogtlande, mehr noch im alten-
burgischen Ostkreise, dem alten Osterlande, wo Thore, Thüren, Tische, Bänke,
Hausgeräte und sonstige dekorative Arbeiten genau dieselben Einzelheiten zeigen,
wie sie in von jeher flawisch gebliebenen Gebieten noch heute zu finden sind.
Verhältnismäßig arm an künstlerischen Formen zeigt die wendische Wohn-
stube eine außerordentliche Urwüchsigkeit, verbunden mit ausgeprägtem Farben-
sinn. Der stimmungsvolle Eindruck der bescheidenen, ja oft armseligen Heim-
stätten wird durch die malerischen und anmutigen Trachten, welche in zahl-
reichen Ortschaften der Wendei noch getragen werden, wesentlich gehoben.
Die Einteilung der Woh-
nung in Flur, Küche, Wohn
stube, Vorratskammer und "
Stall ist im allgemeinen die-
selbe, vorbeschriebene. Auch
hier pflegt die Küche einen von
der Flur abgetrennten, wenn
auch nur durch einen Bogen
markierten Abteil zu bilden.
Wohnungen, die nur aus
Wohnstube und Flur bestehen
(Eckflurhaus), kommen seltener
vor. Der in Fig. 230 darge-
gestellte Grundriß stellt eine
wendische Bauernstube dar,
wie sie im nördlichen Teil der
Oberlausitz als typisch gelten
kann. Die Blockwände der- Fig. 231.
selben sind im Innern gelblich angestrichen, oben mit blauen Kanten versehen:
der Fußboden besteht aus Lehm oder Bretterwerk. Die „Hölle“ erfährt zu-
weilen eine außergewöhnliche, fast kammerartige Erweiterung, sie dient mit
ihrer Ausstattung (Bett, Geschirrbank, Lade und Brotschrank) gewöhnlich als
Aufenthaltsort für das Ausgedinge. Der große Kachelofen nimmt wie
gewöhnlich einen wesentlichen Teil der Stube ein, in den gemauerten Unter-
grund, in einer hierselbst angebrachten Hohlung, wurde der Hauklotz nach
erfolgtem Gebrauch geschoben, auch brütende Gänse pflegten hier vorüber-
gehend Unterkommen zu finden. An Stelle des Leuchtkamins trat in früherer
Zeit eine Vorrichtung, wie sie in Fig. 231 dargestellt ist und beispielsweise
auch bei dem alten Ralbitzer Wohnhause vorhanden war, welches 1896 das
wendische Dorf der Dresdner Ausstellung zierte. Die Kienspäne wurden
entweder durch zangenartige Halter oder Klemmen gehalten oder auf neben-
einander gelegte, verschieden hohe Ziegel gelegt (Fig. 232 a, b, c). Als Rauch-
Wutttke, sächsische Volkskunde. 2. Aufl. 31