Full text: Sächsische Volkskunde.

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A. Kurzwelly: Die bänerliche Kleinkunst. 
Ausgelassener gebärdet sich der bäuerliche Humor in dem prächtigen 
Trinkspruch, den der schöne, lediglich mit Schrift dekorierte Bierkrug von 1685 
im Museum für sächs. Volkskunde seinem Benutzer in den Mund legt: 
„Ach du ehdler Gerstensaft, Du bist meines lebenskraft, 
Du stärkst mir meine Glieder, Du wirffest mich oftmals gar Darnieder. 
Noch stehe auff und trincke Dich wieder.“ 
Ziemlich unbeholfen und unklar äußert sich der bäuerliche Witz in der 
ungereimten Schüsselumschrift: 
„Indem ich schöbse waser mit meiner hand 
sie zu erfriessen und zu wern herzverbrant,') 
awer das fewer so brent in mir 
ein kuß eins yüngling leschet mich eher.“ 
Der Spruch läßt es kaum glaublich erscheinen, daß sich die Schüssel, 
deren Rand er ziert, — sie ist 1639 datiert — ehe sie im Museum des 
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Fig. 259. Fig. 200. 
Altertums-Vereins zu Leisnig Aufnahme fand, in einem städtischen Haushalt 
als Taufschüssel vererbt hat. Das Crucifix, das jetzt auf ihrem Boden auf- 
gemacht ist, kann kaum ursprünglich sein. Zweifellos ist die auch sonst in 
der Verzierung bemerkenswerte Schüssel ursprünglich zu ganz profanen Zwecken 
geschaffen worden und ein echt bäuerliches Erzeugnis. 
Die Vorliebe für erbauliche Sprüche ist nicht auf Sachsen beschränkt, 
sie läßt sich auch in anderen Gegenden Deutschlands an dem „redenden“ 
*) In dem Wort „herzverbrant“ ist die Silbe „herz“ figürlich ausgedrückt. Den 
Wortlaut der Umschrift verdanke ich der freundlichen Bemühung des Herrn Hofrat 
Dr. Mirus in Leisnig.
	        
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