A. Kurzwelly: Die bäuerliche Kleinkunst. 527
In Form wie Ausstattung wesentlich eleganter ist die in Fig. 274 abgebildete
bemalte Wiege; sie befindet sich im Besitze des Dresdener Kunstgewerbe-
Museums.
Die reichste Bemalung zeigen in der Bauernstube der Kleiderschrank,
die Lade und die Wiege. Der Kleiderschrank bietet besonderes Interesse, weil
seine Gestaltung, seine Form sowohl, als auch seine farbige Ausstattung
allenthalben die Einwirkung
der städtischen Kunst, Spuren
von Stil erkennen lassen.
Die Blumenmalereien sind
freilich durchweg schlicht
naturalistisch gehalten, aber
doch zuweilen von einem ge-
malten Rahmenwerk um-
geben, das deutlich die Ent-
stehungszeit verrät. Es
braucht kaum besonders her-
vorgehoben zu werden, daß
man sich hüten muß, aus
solchen Stilspuren bestimmte Schlüsse zu ziehen. Die Thatsache, daß die
Mode auf dem Lande um Jahrzehnte nachhinkt, ist ja bekannt genug.
Die im Besitze des Museums für sächs. Volkskunde befindlichen Schränke
verdienen nach dieser Richtung hin besondere Beachtung.
Ein aus zwei Teilen
zusammengesetzter, ein-
thüriger Geschirrschrank
(Fig. 275), der in der Lau-
sitzer Weberstube des
Museums aufgestellt ist,
legt durch sein hochge-
schwungenes, barockes Ge-
sims, dem sich die obere
Thür mit ihrem oberen
Rande anpaßt, und durch Fig. 274.
diedreieckigen, lamberquin-
artigen, in Spiralen und Quasten ausgehenden Zierbretter, die unter dem Ge-
sims an den abgeschrägten Ecken angebracht sind, die Vermutung nahe, daß er
die Jahreszahl 1826, die er über der unteren Leiste der oberen Thür trägt,
nachträglich bei einer Auffrischung oder bei einem Besitzerwechsel erhalten
hat und wesentlich früher, etwa gegen die Mitte des vorigen Jahrhunderts
gearbeitet ist. In diesem Falle giebt die malerische Ausstattung keinen