A. Kurzwelly: Die bäuerliche Kleinkunst. 535
geziert. Häufig zeigen die Deckel ein biederes Ehepaar am Kaffeetisch oder
ein Paar Männer, die Pfeife rauchen u. a. Dürftige Blumenranken um—
geben die Bilder. Gewöhnlich sind auf dem Deckel oder an der Vorderseite,
gleichfalls in Strohmosaik, die Initialen von Besitzernamen und Jahreszahlen
angebracht. Auf die Mügelner Ausstellung waren mehrere datierte Kästchen der
Art zu sehen; ihre Jahreszahlen wiesen sämtlich auf die Biedermeierzeit zurück.
Ein Gegenstand darf nicht vergessen werden, wenn es sich darum
handelt, das Gerät der Bauernstube zu schildern: das Überhandtuch, das
Schmuckhandtuch, das zur Verkleidung des zum alltäglichen Gebrauch bestimmten
Handtuches dient. Es war einst auch in der sächsischen Bauernstube aller
Orten heimisch und auch hier vielfach bunt verziert. Im Altenburgischen
spielt die „Quähle“ noch heute eine Rolle. Im Vogtland war sie gern
gefranst, in der Wendei oben und unten bestickt. Inwieweit reicher dekorierte
Überhandtücher in den einzelnen Gegenden verbreitet waren, muß noch
untersucht werden. Das Leipziger Kunstgewerbe-Museum besitzt ein sehr
schönes rot und blau bedrucktes Überhandtuch bäuerlichen Stiles, das im
Altenburgischen erworben wurde und etwa der Zeit um 1770 entstammt
(Fig. 281).') Sein Dekor ist vorwiegend figürlich: es zeigt in mehrfacher
Wiederholung eine ziemlich phantastische Ansicht von Leipzig, den Sündenfall
und zwei aufeinander lossprengende Reiter. Ein sehr bemerkenswertes Seiten-
stück vom Jahre 1807 aus Mügelner Privatbesitz brachte die Mügelner Aus-
stellung ans Licht. Es ist gelb, rot und blau bedruckt und zeigt neben Städte-
bildern Napoleon zu Pferd, eine Erntescene und zahlreiche Inschriften, die auf
die Kriegsnöte und auf eine Leisniger Hungersnot des Jahres 1805 anspielen.
Der Wandschmuck, der Bilderschmuck des sächsischen Bauernhauses wird
allenthalben als ziemlich dürftig bezeichnet. Im großen und ganzen gehört
er unserem Jahrhundert an. Neben vereinzelten Stichen und Holzschnitten
des vorigen Jahrhunderts stehen eine große Anzahl älterer, vielfach farbiger
Lithographien. Der Kreis der Darstellungen ist beschränkt. Szenen aus der
biblischen und profanen Geschichte, namentlich auch aus der Reformations-
geschichte, wechseln mit phantastischen Darstellungen von Völkerrassen, mit
effektvollen Abbildungen exotischer Frauentypen. Bei Plauen sind von
Ernst Köhler in den sechziger Jahren noch vereinzelt alte Holzschnitt-
darstellungen überseeischer Völker beobachtet worden. Im Erzgebirge fehlen
fast in keinem Hause an der Spiegelwand einige schlechte Lithographien; auf-
fallend häufig sollen hier Szenen aus der Geschichte der Genoveva und des
Tell und daneben das Bildnis Franz Drakes zu finden sein.
Sowohl im Vogtland, als auch im Erzgebirge schmücken allerlei Haus-
segen und Denksprüche unter Glas und Rahmen die Wände. Oft finden
*) Die Abbildung zeigt nur die obere Hälfte des Tuches.