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A. Kurzwelly: Die bäuerliche Kleinkunst. 537
glasartigen Flimmern aus. Neben kolorierten Stichen, die zumeist Genreszenen,
(Liebespaare), Phantasiebildnisse von Regenten und anderen bekannten Per-
sönlichkeiten darstellten, lieferten sie — auf Bestellung — auch kolorierte
Federzeichnungen und nebenbei für besondere Gelegenheiten allerhand illu-
minierte und auch ausgeschnittene Papierarbeiten, vor allem Patenbriefe
für Kindtaufen, dann aber auch für Einrahmung bestimmte Sprüche,
Gelegenheitsgedichte, Einnerungsblätter und Tellerunterlagen für Hochzeiten,
Kirmessen u. a. Eine sehr reizvolle, aus Papier ausgeschnittene und mit
Wasser= und Lackfarben kolorierte, sternförmige Tellerunterlage, aus Göppers-
dorf bei Chemnitz stammend, zeigt Fig. 282. Die Abbildung macht eine ge-
nauere Beschreibung unnötig. Die großen Herzen, die die Mitte der drei-
eckigen Felder bilden, enthalten Sprüche erbaulichen Inhalts. In dem lang-
atmigen Spruch, der neben dem Eigentümernamen und der Jahreszahl 1802
den in Bogen ausgezackten Rand ziert, vereinigt sich derbster Frohsinn mit
Ernst und Erbaulichkeit zu einem sehr eigenartigen Gemisch. Er lautet:
„Treschen, Ernten und Schittgabel weil auch Dreck ihm gelten thut.
macht den Bauer miserabel. Hat der Bauer Glück zum Ziegen,
Aber nach Getränk und Essen lernt er auch mit Ochsen pflügen.
thut es ihm den Leib aufpressen. Mein lieber Bauersmann,
Wenn der Bauer Hochzeit macht, nimm alles geduldig an.
frißt er, daß der Magen kracht. Im Himmel wirds Gott hören,
Jetzund hat der Bauer Mut, wirst kriegen deinen Lohn.“
Ein Rückblick läßt uns das Einzelne unbedeutend und dürftig erscheinen.
In der That wirkt das bäuerliche Gerät und insbesondere das Bauern-
möbel für sich, aus seinem Zusammenhang herausgerissen, infolge seiner
Schlichtheit und Derbheit für den ersten Blick unvollkommen und ärmlich.
Man muß es in seiner Gesamtheit sehen, in seiner ursprünglichen Zusammen-
stellung, in der stimmungsvollen Umrahmung, die ihm die Bauernstube bietet,
um den geheimnisvollen Zauber seines Reizes voll verstehen und würdigen
zu können. Daher soll man in den Museen beim Sammeln von bäuerlicher
Kleinkunst möglichst darauf ausgehen, ganze Interieurs aus einer bestimmten
Gegend zu beschaffen.
Unwillkürlich fragen wir zum Schluß nach den Beziehungen, die den
Hausrat der sächsischen Bauernstube mit dem bäuerlichen Gerät anderer
Gegenden unseres deutschen Vaterlands verknüpfen. Zweierlei hat er jeden-
falls mit jenem gemeinsam: einmal den Farbenreichtum, der überall und
an den verschiedenartigsten Erzeugnissen ins Auge fällt, und dann die reiz-
volle Mischung von Naivem, Urwüchsigem, Natürlichem mit Anklängen an die
städtische Kunst, an Stil und Mode.
Wenn auch unser Bauernhausrat an Eigenart und künstlerischer Bedeutung
zum Teil hinter dem anderer deutscher Stämme, wie der Bayern, der Nieder-
sachsen in Westfalen, der Marschenbewohner und der Holsteiner zurücksteht, so