Full text: Sächsische Volkskunde.

542 Die wendische, vogtl. u. altenburgische Volkstracht im 18. u. 19. Jahrhundert. 
die Tracht der Rococozeit vor (Tafel I, e). Der Bräutigam schmückt seinen 
Hut mit einem Rautenkränzchen; der Hochzeitsbitter, in der Hand einen langen 
mit Tüchern behangenen Stock, befestigt an der linken Seite des Dreimasters 
ein seidenes Band, der Brautführer thut dies an der rechten. Bunte Tücher, 
vorn in ein Knopfloch gebunden, erhöhen den Schmuck. Im Sommer tritt 
an die Stelle des Filzhutes werktags ein breitkrempiger Strohhut, der mit 
einem roten Bande geschmückt ist. 
Die Braut trägt die borta, eine schwarzsammetene, hohe, sich etwas ver- 
jüngende Mütze, oben mit vergoldetem Reisen und dem Brautkranze und auf 
der Rückseite mit reichem Metallschmuck verziert (Tafel I. d). Früher 
wurde die borta auch von Nichtbräuten getragen. Bei dem goldglitzernden 
Hormet der altenburger Bräute tritt uns eine ähnliche Form in dekora- 
tiverer Weise entgegen (Tafel IV, b). Es ist bei den meisten Volkstrachten 
eine schöne und sehr alte Sitte, daß die Braut, gleich einer Königin, einen 
kronenähnlichen Kopfschmuck trägt. 4 Halsketten aus Perlen oder Korallen, 
vor allen Dingen aber der Brustschmuck aus alten Geldstücken und Denk- 
oder Schau-Münzen zeigen den Reichtum des Mädchens und bilden ein 
wertvolles Erbstück (Tafel I, a und d). Man kann hier die zierlichsten 
Zusammensetzungen bemerken — leider wird der Münzschmuck immer seltner, 
da er, der oft wertvollen Geldstücke wegen, allüberall von Händlern auf- 
gekauft wird. In ärmeren Gegenden werden die Münzen durch große, 
bunte Glaskugeln ersetzt. Die Mädchen tragen festtags um den Kopf ein 
hellfarbenes, lilaes Seidenband, hinten mit zwei breiten Schleifen versehen 
und bis zum Gürtel oder tiefer herunter mit herabwallenden Bändern geschmückt. 
Weiße oder hellfarbene Schürzen, über die vorn zwei breite Bänder mit großer 
Schleife niederfallen, und lange Hemdärmel geben ein lustiges Bild (Tafel 1, al. 
Gewöhnlich ist bei den Hauben aber die schwarze Farbe üblich, und auch die 
Schürzen zeigen dunkle Stoffe (Tafel I, b). Das Mieder ist besonders hoch 
und gesteift. Die Frauen tragen festtags ein reichgesticktes Brusttuch über der ge- 
fütterten Puffärmeljacke (kokuch), während der Kopf von einer enganschließenden, 
schwarzen Haube eingerahmt wird, welche mit Spitzen verziert und auf der 
Rückseite wieder mit zwei Schleifen und verschiedenen Bändern versehen ist. 
Unter dieser Kopfbedeckung befindet sich überdies die weiße Frauenhaube, 
(Espec) die aber nur wenig an den Schläfen hervorsehen darf (Tafel I, g). 
In Crostwitz tragen Frauen und Mädchen unter dem Kinn noch helle, kleine 
Schleifen (sekula). Bemerkenswert ist, daß die meisten Kopfbedeckungen die 
Ohren fest umhüllen, das Haar glatt gescheitelt ist, Stirnlocken aber ganz 
verpönt sind. Die Mädchen schnüren das schwarze Mieder, während die 
Frauen dasselbe zuknöpfen. (Tafel I, ¼h. 
Die evangelischen Wenden haben die alte Volkstracht so gut wie ganz 
abgelegt und ziehen sich „modisch" an. Die Kleidung der Männer aus
	        
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