Full text: Sächsische Volkskunde.

Die wendische, vogtl. u. altenburgische Volkstracht im 18. u. 19. Jahrhundert. 545 
sehen, wurde der schneeweiße Hemdkragen gelegt; ein langer, dunkelblauer 
oder grüner Rock mit engen Armeln, Aufschlägen und hohem Kragen, 
der „Bratenrock, der Schwenker“, lederne Kniehosen, die Sonntags geschwärzt 
oder durch sammetne ersetzt wurden, blaue oder weiße Strümpfe, derbe 
Schuhe mit großen Schnallen bildeten die Hauptbestandteile der Kleidung 
(Tafel III, a und c). Oft finden wir auch lange Lederhosen, die bis zum 
Knöchel, wo sie zusammengebunden werden, reichen. In der Gegend von 
Reichenbach treffen wir nach Dr. E. Köhler rote Leinwandjacken mit kurzen 
Schößen und großen Metallknöpfen. Die unverheirateten Burschen trugen 
aber den gravitätischen Rock noch nicht; sie ließen sich denselben erst zu ihrer 
Hochzeit machen und gingen am liebsten in weiten Hemdärmeln (Tafel III, 8) 
oder trugen im 18. Jahrhundert das Koller oder die Kuttel, in der Neuzeit 
blaugewirkte Jacken (Tafel III, d und g). Zwischen Weste und Hose ward 
das weite Hemd hervorgezogen (Tafel III, g) und hing mit einer mehrere 
Finger breiten Falte über letztere. Der mit Pelz besetzte Bartel (Bartelchen 
im Altenburgischen) und später eine Tuchmütze mit sehr großem Schirm sind 
gebräuchliche Kopfbedeckungen des 19. Jahrhunderts. Der Bauer trug stolz 
einen aufgerauhten Cylinderhut von mächtigen Formen (Tafel III, a), der 
Greis gern eine gewirkte Zipfelmütze. Eine schwere Tabakspfeife im Munde 
und ein sehr langer Spazierstock durften nicht fehlen. Die Haare wurden 
kurz getragen und an den Schläfen nach vorn gekämmt. 
In der Frauentracht tritt uns in älterer Zeit wieder der buntgestreifte, 
der „vorstadene Rock“ entgegen. Möglichst viel Unterröcke zu tragen, gilt 
als besonders vornehm, wie ja der Bauer naiverweise seinen Reichtum gern 
auch äußerlich durch das Anlegen von Kleidungsstücken zeigt. Eine Vogt- 
länderin sieht, zumal in Hinblick auf die Altenburgerin, durch die vielen 
Röcke behäbig aus. Der Spenzer, die Frauenjacke, hat keine Schöße und 
zeigt sogenannte Schinkenärmel; dann und wann ist er mit einem breiten, 
umgelegten Kragen versehen (Tafel III, b). Der Brustausschnitt wird durch ein 
buntseidenes Tuch verdeckt, das auf dem Rücken dreieckig herabhängt, (Tafel III, 
e und k). Die große dunkle Schürze verdeckt wie bei den Wenden fast den 
Rock (Tafel III, b, e und g). Junge Mädchen tragen ein schwarzsammetnes 
Mieder mit buntseidnem Busentuch und kurze Hemdärmel mit angereihten 
Falbeln (Tafel III, e und f). Der Schmuck tritt nicht so reich und dekorativ 
wie in der Lausitz auf, ein einfacher Silberhalsschmuck, bestehend aus Schloß 
mit Ketten, und große Ohrringe sind beliebt. Die Mädchen winden um das 
geflochtene Haar, das durch große Haarnesteln zusammengehalten wird, ein 
Kopftuch, das oben sehr hübsch durch eine Schleife gehalten wird, deren 
Fransen kokett auf die Stirne hängen. Das Ohr ist nicht verdeckt. Die Frauen 
setzen die Haube auf, deren hintere Fläche, die „Schau, der Haubenfleck“, Gold- 
und Silberstickereien zeigt und die vorn mit schwarzen Spitzen eingefaßt ist. 
Wutrke, sächsische Volkskunde. 2. Aufl. 35
	        
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