Full text: Sächsische Volkskunde.

68 Ed. O. Schulze: Vorlauf und Formen der Besiedelung des Landes. 
schaft, konnte natürlich auf jener primitiven Wirtschaftsstufe, die doch wohl 
noch stark kollektivistische Züge trug, und die der Absatzmöglichkeit nach außen 
entbehrte, nur wenig sich geltend machen; und der Gleichförmigkeit des Lebens, 
Fühlens und Denkens entsprach die geringe Differenzierung und Entwicklung 
der Einzelbedürfnisse. 
Gewerbe und Handwerk waren den Wenden nicht fremd. Ibrahlm ibn 
Jakaob, ein jüdisch-arabischer Arzt aus Spanien, der vom Hofe Otto's d. Gr. 
aus im 10. Jahrh. die Slawenländer bereiste) erzählt von Sätteln, Zäumen 
und Schildern, die besonders in Prag gefertigt wurden, und von kleinen, 
netzartig gewobenen Tüchern, welche die Stelle des Geldes vertraten. Ge- 
wänder und Pelze finden sich später unter den Gegenständen, in denen die 
unterworfenen Sorben den Deutschen Zehnten und Zinsen zahlen mußten. 
Von der Kunst der Töpfer geben uns die Ausgrabungen, die weiten 
Urnenfelder und Tausende von Töpfen, Krügen und Schalen Kunde. Aller- 
dings scheint noch nicht durchweg genügend sicher festgestellt zu sein, was 
hiervon den Germanen, was den Slawen zugehört. Noch größer mag diese 
Unsicherheit sein hinsichtlich der aufgefundenen Schmucksachen, bei denen 
Beute, Kauf und Verschleppung gewiß in Betracht zu ziehen sind. 
Weiteren Aufschluß über Verbreitung und Art gewerblicher Thätigkeit 
geben die Ortsnamen.““) Besondere Beanlagung oder Vorliebe führte auf 
bestimmte gewerbliche Nebenbeschäftigung im Hause. Durch die Macht der 
Gewohnheit und durch Überlieferung der erworbenen Fertigkeit, verbunden 
mit allmählich entstehender Nachfrage pflanzte sich diese Thätigkeit durch 
Generationen fort und gab schließlich dem Dorfe den Namen. 
Neben diesen Momenten mehr persönlicher Art kamen auch topographische 
Bedingungen für die Entstehung solcher Gewerbsdörfer in Betracht. Die 
Nähe einer Handelsstraße, eines befahrenen Flusses, eines größeren Burg- 
ortes, verhieß leichteren Absatz gewisser Produkte und förderte deren Er- 
zeugung. Spezielle lokale Begebenheiten: Thonlager, Eisenerze, Korbweiden- 
gehege, konnten für die Wahl einer hausindustriellen Beschäftigung den Aus- 
schlag geben; wie andrerseits die Bodenbeschaffenheit hier auf Getreide= und 
Flachsbau, dort auf Viehzucht und Jagd (und entsprechende gewerbliche Ver- 
arbeitung) hinwies, oder Fischerei, oder Bienenzucht begünstigte. — Deutungen 
solcher Art liegen nahe bei Namen wie Crossen (krosno = Webstuhl), Borna, 
Barneck (brüno = Lehm), Kunern (konari— Pferdehirt), Barut (brütk Bienen- 
») Bgl. de Goeje, een belangrijk arabis Bericht over de Slawische Volken, 
vonstreekd 965 n. Chr., Amst. 1880; und Geschichtsschreiber der deutsch. Vorzeit X, 6. 
2. Aufl. S. 138 ff. 
*.) Bgl. G. Hey, Slaw. Siedelungen im K. Sachsen, S. 8.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.