Full text: Sächsische Volkskunde.

76 Ed. O. Schulze: Verlauf und Formen der Besiedelung des Landes. 
dorthin liefern zur Verpflegung der Burgleute und zur Aufspeicherung für 
Notfälle. Wachkorn und Burgkorn, noch in neuerer Zeit oft genannt, weisen 
hierauf zurück. Dafür hatten sie alle ihrerseits das Recht, bei drohender 
Kriegsgefahr Schutz und Zuflucht für sich und ihre Habe im Burgort zu suchen. 
Dem Befehle des „Burggrafen“" unterstanden auch die mit Kriegslehen 
innerhalb des Burgwards angesessenen Dienstmannen, deren militärische 
Pflicht sich aber nicht, wie die der Burgmannen, auf die Verteidigung der 
Burg bezog resp. beschränkte, sondern sich auf die Landesverteidigung über- 
haupt und die kriegerischen Unternehmungen des Markgrafen erstreckte. Sie 
wurden von den Burgpräfekten (den späteren advocati, capitanei, Vögten, 
Hauptleuten, Amtleuten) aufgeboten und dem Heere des Markgrafen zugeführt. 
Außerdem waren sie gehalten, auf Erfordern des Vogtes diesem bei Be- 
wahrung des Friedens und Aufrechterhaltung der Sicherheit im Bezirk behilf- 
lich zu sein (das spätere „auf den Halt Reiten"). Diese Unterordnung unter 
den Burgvogt hatte nicht statt bei den Edlen, die mit Eigen und Lehen im 
Burgward saßen. Sie standen unmittelbar unter dem Grafen, wurden direkt 
von diesem aufgeboten, dienten auf seine Schrift, wie es seit dem 14. Jahr- 
hundert heißt.) 
Kirchlich bildete jeder Burgward (wie die Hundertschaften) ursprünglich 
eine einzige Parochie. In den schützenden Mauern des Burgorts erhob sich 
die Mutterkirche, und die Zehnten waren hierher abzuliefern. 
Auch rechtlich war der Burgward ein relativ selbständiger Bezirk. Die 
Gerichtsversammlungen fanden im Burgort statt unter Vorsitz des Burg- 
grafen. Ausgenommen waren auch hier die Edlen des Bezirks; sie hatten 
ihren Gerichtsstand unmittelbar im Gericht des Markgrafen. 
Endlich erscheint der Burgward als ein relativ in sich geschlossener 
Wirtschaftsbezirk. Schon aus dem Vorhergehenden ist dies ersichtlich. Zu 
dem Burgort wurden Dienste und Leistungen gefordert, Zinse, Zehnten und 
andere Abgaben erhoben. Hier versammelte sich die Menge der Burgward- 
insassen zu kirchlicher Feier und zur Hegung des Gerichtes. Engere persfön- 
liche und wirtschaftliche Beziehungen konnten angeknüpft, das Gefühl ge- 
wisser Zusammengehörigkeit geweckt werden. Hierher liefen die Wege zu- 
sammen, die Hauptstraßen auch zu den nächsten größeren Ortschaften, auf 
denen der Händler seine Waren herbeiführte. Ein reger Austausch aller 
*) Auf die Reste dieser militärisch und — wie gleich zu erwähnen — rechtlich 
eximierten, dem Burgward bezw. der „Vogtei“ oder dem „Amt“ nur „einbezirkten“ 
Herrengüter, die weiterhin durch zahlreiche Einzelprivilegien vermehrt wurden, gehen die 
späteren „schriftsässigen“ Güter zurück. Aus den Rittern der ersten Art, die dem mark- 
gräflichen Bogte unterstellt waren, gingen die späteren „Amtsassen“ hervor. — Seit dem 
15. Jahrhundert etwa entwickelte sich das Schriftsassentum mehr nach der rechtlichen Seite 
(Exemtion von den unteren Gerichtsbehörden und persönliche Landtagsfähigkeit des Be- 
sitzers) während die militärische mit dem Bersfall der Lehnsverfassung bedeutungslos wurde.
	        
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