Full text: Sächsische Volkskunde.

Ed. O. Schulze: Verlauf und Formen der Besiedelung des Landes. 83 
Bestellt wurden die Felder desselben teils durch die deutschen Knechte des 
Ritters, teils durch landlose sorbische Hofknechte (Smurden), teils und vor 
allem durch die Dienste der vorhin erwähnten, auf eigener Wirtschaft be- 
lassenen Hörigen. Auf solchen Betrieb in Eigenregie, „unter eigenem Pfluge“, 
weist neben vereinzelten urkundlichen Nachrichten die ganze Lage der Dinge 
hin. Bei dem dürftigen Ackerbau der Sorben hätten die Zinse der sorbischen 
Hintersassen allein keinesfalls ausgereicht, um die Führung eines angemessenen 
Haushaltes zu ermöglichen und zu sichern. Der eigene Betrieb in heimisch- 
gewohnter Weise war und blieb als Basis der wirtschaftlichen Existenz un- 
erläßlich. Dazu kam, daß die Mehrzahl der kleinen Herren, die milites agrarül 
Widukinds, bäuerlichen Kreisen entstammten und der eigenen Wirtschafts- 
führung durchaus nicht entwöhnt waren. 
Der seit dem 13. Jahrhundert allgemein übliche Eigenbau der Vorwerke 
ist demnach als kontinuierliche Fortsetzung alten Brauches zu fassen, und 
diese praktische Wirtschaftsbethätigung der Ritter erklärt zugleich, wie sie seit 
dem 12. Jahrhundert in so großer Zahl als sachkundige Kolonisatoren und 
Lokatoren auftreten konnten. 
Von Neukulturen und Rodung war in dieser Zeit nicht viel die Rede; 
man beschränkte sich auf den Ausbau in die nächstangrenzenden Wälder und 
auf Zusammenziehung benachbarter kleiner Weiler. Zu weiterem fehlte es an 
geeigneten Kräften, an Kapital, an Erfahrung, vor allem an Ruhe und 
Sicherheit in dem von blutigen Kriegen und Fehden durchtobten Lande, kurz, 
an all den Vorbedingungen gedeihlicher und stetiger Entwicklung wirtschaft- 
licher Kräfte und Güter. 
Es ist sogar nicht ausgeschlossen, daß zunächst vielfach ein Rückgang des 
Anbaues eingetreten ist als Folge der erheblichen Verminderung, welche 
die sorbische Bevölkerung anscheinend in dieser Zeit erfahren hat. Schon die 
Eroberung hat sich zweifellos unter verheerenden Plünderungszügen, Fort- 
treiben des Viehs, Wegschleppen der Menschen zur Ansetzung als Hof= und 
Feldknechte oder zum Verkauf vollzogen. Arabische Quellen berichten noch 
aus dem 10. Jahrhundert von dem lebhaften Handel mit slawischen Kriegs- 
gefangenen unter Vermittlung spanischer Juden, zu dessen Objekten jedenfalls 
auch Angehörige der Sorbenstämme zählten. Und noch im 11. Jahrhundert 
betrieb der unwürdige Graf Gunzelin das Verhandeln sorbischer Familien an 
Juden als gewinnbringendes Geschäft. Mit dem 11. Jahrhundert begannen 
dann die verheerenden Kriege mit den Polen, die besonders das Land links 
der Elbe in schlimmster Weise trafen. An einem Tage wurde nach Thiet- 
mars Erzählung die ganze wohlangebaute Lommatzscher Pflege durch Feuer 
und Schwert verwüstet, und 3000 Menschen fortgeschleppt. Nur durch List 
retteten sich die Bewohner von Mügeln vor dem gleichen Schicksal, das 1007 
auch die Zerbster Gegend traf. Ebendort, zwischen Havel, Elbe und Saale, 
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