Full text: Sächsische Volkskunde.

88 Ed O. Schulze: Verlauf und Formen der Besiedelung des Landes. 
Einrichtungen verschiedener Art nicht minder hin, wie die allgemeinen histo- 
rischen Beziehungen. 
Eine bedeutende Beimischung thüringischer Elemente unterliegt keinem 
Zweifel. Wie ein großer Teil der Herrengeschlechter und des niederen Adels 
auf Thüringen als seine Heimat zurückweist, so gilt dies auch von den Bauern 
und Bürgern. Waren doch, abgesehen von der geographischen Lage, die ge- 
schichtlichen Beziehungen zwischen Meißen und Thüringen besonders eng und 
vielseilig lange vor der Vereinigung beider Länder im 13. Jahrhundert. Im 
südlichen Osterland und besonders in der alten Zeitzer Mark haben die 
Thüringer fraglos den Hauptbestandteil der Bevölkerung gebildet. . 
Franken finden sich äußerst zahlreich von der oberen Saale an über 
das ganze Gebirgsland hinweg bis zur Elbe um Dresden, und weiterhin in 
den Gebirgen der Lausitz und der Sudeten. Ist doch die „fränkische Wald- 
hufe“ geradezu typische Form und technische Bezeichnung für die Anlagen 
im Berg= und Waldland geworden. Gleich zu Beginn des 12. Jahrhunderts 
besetzte Graf Wiprecht von Groitzsch Waldgebiete zwischen Schnauder, Wyhra 
und Mulde mit fränkischen Kolonisten, die er aus der Gegend von Lengen- 
feld in Ostfranken herbeiholte. Bei der Umgrenzung der dem Kloster Zelle 
gehörigen Besitzungen werden 1185 Frankenstein und vier anscheinend frän- 
kische villae eines Eckard erwähnt. In der Dresdner Gegend waren von dem 
Edlen Adalb. de Duvenheim in Taubenheim, Seifersdorf, Berbersdorf, Haß- 
lau Franken angesetzt, mit denen der Grundherr in einen 1186 vom Mark- 
grafen selbst geschlichteten Streit geriet. Ungemein zahlreich sind die auf 
Franken hinweisenden Ortsnamen, und das mehrfach, besonders im Oster- 
lande, in der Herrschaft Lobdeburg z. B., erwähnte jus franconicum deutet, 
wenn es auch weder auf zweifellos fränkische Abkunft der Betreffenden be- 
zogen, noch als wirkliches Stammesrecht gefaßt werden darf, doch auf die 
starke Beteiligung der Franken an der Kolonisation hin. 
Sachsen haben sich vorzugsweise von der unteren Saale abwärts 
Halle über die untere Mulde hinweg elbaufmärts ausgebreitet, stark ver- 
mischt mit holländisch-vlämischen Siedlern. Zu ihnen werden im allgemeinen 
— schon zur Karolingerzeit — auch die Nordschwaben gerechnet, die uns be- 
sonders unter den edlen und ritterlichen Geschlechtern oft begegnen. 
Von besonderer Wichtigkeit wurden sächsische Bergleute aus der Gegend 
um Goslar für die Besiedelung des Erzgebirges, als in dem Waldgebiet des 
Klosters Alt-Zelle zwischen 1162 — 1170 Silbererze fündig geworden waren. 
Der älteste Teil der rasch aufblühenden Bergstadt Freiberg erhielt den Namen 
„Sächsstadt"“ nach jenen Zuwanderern, welche die heimischen Formen, 
Technik und Recht der Bergbaukunst und der Verhüttung der Erze hierher 
verpflanzten. 
Auch in Altenburg finden sich Beziehungen zu Goslar. Die Stadt —
	        
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