BGB. Vormundschaft. 129
Mangels eines Berufenen ist nach Anhörung des Waisenrats ein geeigneter Vor-
mund unter Berücksichtigung der Religion des Mündels zu wählen, und zwar zu-
nächst aus den Verwandten und Verschwägerten des Mündels (& 1779).
Unfähig ist, wer geschäftsunfähig (§ 104) oder wegen Geistes-
schwäche, Verschwendung oder Trunksucht entmündigt ist (§ 6). (§ 1780).
Die Gründe der Untauglichkeit zählen §§ 1781—1784 auf.
Es sollen nicht bestellt werden: 1. Minderjährige und vorläufig Bevormundete
(§ 1906); 2. wer einen Pfleger gemäß § 1910 erhalten hat; 3. Gemeinschuldner
während des Konkurses; 4. mit Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte Bestrafte
(s. StrGB. § 34 Nr. 6, § 36) (6 1781); 5. von den Eltern in letztwilliger Verfügung
Ausgeschlossene (§ 1782); 6. Ehefrauen ohne Zustimmung des Ehemanns (§ 1783);
7. Beamte und Religionsdiener ohne die für fie vorgeschriebene Erlaubnis (für die
preuß. Beamten, Art. 72 AG. z. BGB.; das gleiche gilt für die Reichsbeamten in
Preußen nach § 19 RBW. 18. 5. 07 und für die Militärbeamten und -personen nach
AMMil G. 2. 5. 74 § 41 Rl. 45). Bei Versagung oder Zurücknahme der Erlaubnis
ist der Beamte als Vormund zu entlassen (§ 1888; auch zur Annahme des Amts als
Waisenrat bedarf er der Erlaubnis Erl. d. Fin Min. 19. 2. 76).
Die Pflicht zur Übernahme der Vormundschaft besteht
für jeden Deutschen als allgemeine Staatsbürgerpflicht. Die grundlose
Ablehnung macht schadenersatzpflichtig (§ 1787); auch kann das Vormer.
durch dreimalige Ordnungsstrafe von höchstens je 300 M. zur Annahme
anhalten (§ 1788).
Die Ablehnungsgründe enthält § 1786.
Die Übernahme der Vormundschaft kann ablehnen 1. eine Frau; 2. wer
das sechzigste Lebensjahr vollendet hat; 3. wer mehr als vier minderjährige eheliche
Kinder hat; ein von einem anderen an Kindesstatt angenommenes Kind wird
nicht gerechnet; 4. wer durch Krankheit oder durch Gebrechen verhindert ist, die Vor-
mundschaft ordnungsmäßig zu führen; 5. wer wegen Entfernung seines Wohnsitzes
von dem Sitze des Vormundschaftsgerichts die Vormundschaft nicht ohne besondere
Belästigung führen kann; 6. wer nach § 1844 zur Sicherheitsleistung angehalten
wird; 7. wer mit einem anderen zur gemeinschaftlichen Führung der Vormundschaft
bestellt werden soll; 8. wer mehr als eine Vormundschaft oder Pflegschaft führt; die
Vormundschaft oder Pflegschaft über mehrere Geschwister gilt nur als eine; die Führung
von zwei Gegenvormundschaften steht der Führung einer Vormundschaft gleich.
Das Ablehnungsrecht erlischt, wenn es nicht vor der Bestellung bei
dem Vormundschaftsgerichte geltend gemacht wird.
Der Vormund wird durch das Vormer. mittels Handschlags an
Eidesstatt (keine wesentliche Form!) zu treuer und gewissenhafter
Führung der Vormundschaft bestellt und erhält als Ausweis eine Be-
stallung (§§ 1789—17929.
Ein Gegenvormund soll neben dem Vormund bestellt werden,
wenn eine erhebliche Vermögensverwaltung vorhanden ist (§ 1792). Er
hat darauf zu achten, daß der Vormund pflichtmäßig handelt (§ 1799).
2. Führung der Vormundschaft (§§& 1793—1836).
Der Vormund hat das Recht und die Pflicht, für die Person und
das Vermögen des Mündels zu sorgen, insbesondere den Mündel zu ver-
treten (§1793). Die Vertretungsmacht fällt fort, soweit ein Pfleger bestellt ist,
und bei Interessenkollision (§ 1794 f.). Mehrere Vormünder führen
ihr Amt gemeinschaftlich; bei Meinungsverschiedenheiten entscheidet das
Vorm Ger., das auch die Verwaltung teilen kann (§ 1797 f.).
Zelle, Handbuch. 6. Aufl. 9