Reichsversassung; Versammlungs= und Vereinsrecht. 241
gehoben (Art. 30 f., StGB. § 11). Die Mitglieder des Reichstages dürfen
als solche keine Besoldung, und Entschädigung nur nach Maßgabe des G.
betr. die Gewährung einer Entschädigung usw. v. 21. 5. 06 (RGl. 468;
insgesamt jährlich 3000 Mk. nach näherer Bestimmung und freie Fahrt
während der Sitzungsperiode; dazu Bek. 27. 6. 06, RGl. 850) beziehen;
G. 21. 5. 06 betr. Anderg. des Art. 32 RV. (RGBl. 467).
Die weiteren Bestimmungen der MWerf. (Art. 33—78) betreffen
das Zoll= und Handels-, Eisenbahn-, Post= und Telegraphenwesen, Marine
und Schiffahrt, das Konsulats-, Reichskriegswesen, die Reichsfinanzen,
Schlichtung von Streitigkeiten und Straf= sowie allgemeine Bestimmungen.
Durch RG. 15. 12. 90 ist Helgoland mit dem Deutschen Reiche und
durch G. 18. 2. 91 mit Preußen vereinigt und dem Kreise Süder-
dithmarsen zugeteilt worden; dazu G. 22. 3. 91, 14. 12. 92 u. 24. 7. 93
betr. die Einführung von RG., und G. 22. 3. 91, betr. die Einführung
von Preuß. Landes G. —
Anhang:
1. Vereinsrecht.
Bis zum Jahre 1908 war für Preußen die V. 11. 3. 50 (sog.
Vereinsgesetz) maßgebend, welche entsprechend den Art. 29 u. 30 d. Pr.
Verf. den Grundsatz der Versammlungs= und Vereinsfreiheit, wenn auch
mit zahlreichen Einschränkungen und polizeilichen Kautelen aufstellte. Eine
reichsrechtliche Regelung erfolgte erst durch das
Vereinsgesetz v. 19. 4. 08 (RGl. 151)
AusfV. 8. 5. 08 (Ml. 127 u. Ml. 09, 11), 13. 5. 08 (Ml. 09, 14),
13. 8. 08 (Ml. 166), 7. 4. 09 (Ml. 141). Das G. 19. 4. 08 ver-
änderte den bisherigen Rechtszustand Preußens in verschiedenen Punkten
(Gegenüberstellung MV. 13. 5. 08, Ml. 09, 14). Nach dem RG. haben
alle Reichsangehörigen (nicht Ausländer; bez. ihrer Teilnahme an Vereinen
und Versammlungen entscheidet das pflichtgemäße Ermessen der Polizei,
OVG. 53, 265; vgl. auch 53, 271, MV. 13. 5. 08 zu 1) das Recht, zu
Zwecken, die den Strafgesetzen nicht zuwiderlaufen (eine bloße Befürchtung
solchen Zweckes genügt nicht MV. 13. 5. 08 zu 10), Vereine zu bilden
und sich zu versammeln; das Gesetz bezieht sich sinngemäß nur auf
solche Versammlungen, welche öffentlich sind und in denen öffentliche An-
gelegenheiten erörtert werden sollen (Sächs. OLG. 30, 55; öffentliche Tanz-
lustbarkeiten unterliegen weiter den Polizeiverordnungen, Johow 36 C. 50).
Dieses Vereins= und Versammlungsrecht unterliegt polizeilich nur den im
G. selbst oder anderen RG. enthaltenen Beschränkungen sicherheitspolizeiliche
landesrechtliche Bestimmungen finden Anwendung nur, soweit es sich um
die Verhütung unmittelbarer Gefahr für Leben und Gesundheit von
Versammlungsteilnehmern handelt (§ 1); diese Begrenzung bezieht sich
aber nur auf Polizeivorschriften vereinsrechtlicher Natur (KG. wegen
des Tragens roter Schleifen und Fahnen bei Begräbnissen, DJ.Z. 1910,
92 u. 488); die Übung der Theaterzensur gegen Vereine hat die Offentlich-
keit der Aufführungen zur Voraussetzung (OVG. 29, 429). Ein Verein,
dessen Zweck den Strafgesetzen zuwiderläuft, kann aufgelöst werden; die
Auflösungsverfügung ist im Wege des Verwaltungsstreitverfahrens an-
Zelle, Handbuch. 6. Aufl. 16