Full text: Handbuch des geltenden Öffentlichen und Bürgerlichen Rechts.

Versammlungs= und Vereinsrecht. 243 
gem. § 4 Ges.; die Anwesenheit von Nichtwahlberechtigten ist unerheblich 
(OLG. Breslau DJZ. 09, 152); c) Versammlungen von Gewerbe- 
treibenden und ihren Angestellten und ähnlichen Personenklassen zur Er- 
örterung (aber nur für den konkreten Fall MV. 13. 5. 08 zu 9) von 
Verabredungen und Vereinigungen zwecks Erlangung günstiger Lohn= und 
Arbeitsbedingungen, insbesondere mittels Arbeitseinstellung oder Arbeiter- 
entlassung (§ 6). Die Bestimmung bezieht sich also auf die im § 152 
GewO. bezeichneten Personenkreise und Zwecke (MV. a. O.), nicht auch 
auf die Herbeiführung von Gesetzesänderungen und Verwaltungsmaßregeln 
(OLG. Braunschweig DJZ. 09, 1272; OLG. Hamm D38. 1910, 152); 
d) auf gesetzlich oder behördlich angeordnete Versammlungen (§8 20). 
Polizeilicher Genehmigung bedürfen öffentliche Versammlungen 
unter freiem Himmel und Aufzüge (z. Begr. KGer. DJ3. 
1910, 600, OVG. Pr VBl. 31, 616) auf öffentlichen Straßen und 
Plätzen. Die Genehmigung ist von dem Veranstalter in der Frist und 
Form der Anzeige des § 5 nachzusuchen und ist schriftlich zu erteilen; 
sie ist sowohl für Versammlungen wie für Aufzüge stempelfrei (MV. 
13. 8. 08 Ml. 166; MV. 7. 4. 09 Ml. 141). Die Genehmigung 
darf nur bei einer (durch bestimmte Tatsachen begründeten, vgl. OVG. 
45, 451; 55, 277) Gefahr für die öffentliche Sicherheit versagt werden 
und zwar durch sofortigen kostenfreien Bescheid mit Angabe der Gründe 
(§ 7). Die Zurücknahme der einmal erteilten Genehmigung ist nur auf 
Grund neuer Tatsachen, welche eine Gefährdung der öffentlichen Sicherheit 
begründen, zulässig; also z. B. nicht infolge nachträglicher Vergrößerung 
der Teilnehmerzahl OVG. 53, 262. Eine Versammlung, die in einem 
geschlossenen Raum veranstaltet wird, wird durch die Teilnahme außerhalb 
des Raumes befindlicher Personen oder durch die Verlegung in einen an- 
schließenden umfriedeten Hof oder Garten nicht zu einer solchen unter 
freiem Himmel (§ 8), es sei denn, daß besondere Umstände, z. B. die 
Teilnehmerzahl von vornherein die Abhaltung der Versammlung im ge- 
schlossenen Raum als nur vorgespiegelt erscheinen lassen (MV. 13. 5. 08 
zu 11). Die Landeszentralbehörde kann die formelle Genehmigung durch 
Anzeige oder öffentliche Bekanntmachung ersetzen. Ebenso kann sie be- 
stimmen, welche Aufzüge einer Anzeige oder Genehmigung nicht bedürfen. 
Das Gesetz selbst erklärt sie als nicht erforderlich für die üblichen Züge 
von Hochzeitsgesellschaften oder gewöhnliche Leichenbegängnisse (§ 9). Unter 
Leichenbegängnis ist nicht nur der in Bewegung befindliche Trauerzug, 
sondern auch die Versammlung am Grabe zu verstehen KG. Johow. 37 
C. 48 u. 38 C. 37. Auch die Mitwirkung von Geistlichen schließt 
nach der Ansicht des KGer. die Anwendung des § 9 nicht aus; 
denn § 24 Ges., welcher für kirchliche und religiöse Versammlungen die 
Bestimmungen des Landesrechts aufrecht erhält, werde in Ansehung der 
Leichenbegängnisse durch die erschöpfende Regelung des §9 G. ausgeschlossen. 
Ungewöhnliche Leichenbegängnisse sind solche, die in irgendeiner Hinsicht 
von dem hergebrachten abweichen (K G. a. O.); bezüglich des Haltens von 
Laienreden am Grabe ist dies also Tatfrage (KG. a. O. u. DJZ. 09, 
1156)0). Veranstalter ist, wer durch sein Verhalten dem Leichenbegängnis 
den Stempel des Ungewöhnlichen aufgedrückt (Johow. 37 C. 48). Polizei- 
16“ 
 
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.